Wir waren da. Mal wieder. Demonstration gegen Rechts in Marburg. Obwohl es uns viel gekostet hat.
Ich stehe noch immer neben mir. Mein Kopf brummt. Ich funktioniere, aber ich bin leer. Ich werde Tage brauchen, um meine Konzentration, meine Energie, meinen Fokus wiederzufinden. So ist das in meinem Fast-nach-Burn-out-Status.
Unser zweiter Sohn? Hat trotz seiner Behinderung alles gegeben. Mehr ging nicht. Und dann kam der Absturz: Überforderung, Weinen, Stimming. Zu viel Lärm, zu viele Menschen, zu viele unkontrollierbare Reize.
Meine Frau? Hat ihn begleitet. Tragen. Beruhigen. Da sein. Mit ihm aus der Menschenmenge rausgehen, wieder zurückkommen, aushalten. Während ich nur ein wenig unterstützen konnte und viel mehr irgendwie sehen musste, dass ich klarkomme. Dass ich überhaupt da sein/bleiben kann.
Wir waren da. Und das hat gereicht, um unsere „Familien-Energie“ für den Rest der Woche zu erschöpfen. Weil wir nicht so viel davon haben.
Warum tun wir uns das an?
Weil es notwendig ist. Weil wir nicht schweigen können. Weil wir uns eine Gesellschaft wünschen, in der sich alle wohlfühlen können. In der alle Teilhabe erleben. In der Menschlichkeit, Respekt und Solidarität nicht zur Verhandlungsmasse von Machtspielen werden.
Wir haben Angst.
Nicht nur, weil die AfD immer stärker wird. Nicht nur, weil ihre Positionen zunehmend in die gesellschaftliche Mitte rutschen. Nicht nur, weil sie sich mit ihrer menschenverachtenden Ideologie immer salonfähiger macht. Sondern auch, weil konservative Parteien mehr und mehr in diese Richtung kippen. Weil selbst diejenigen, die sich für progressiv halten, sich gegenseitig mit Abschiebeideen übertrumpfen, anstatt sich um die echten Probleme zu kümmern.
Unser spezielles Thema darüber hinaus? Inklusion. Familien mit behinderten Kindern. Menschen, die nicht „perfekt“ funktionieren. Die AfD? Menschenverachtung pur. Die bringen Migration, Inzest und Behinderung tatsächlich in Beziehung, sehen Inklusion als Irrweg und halten die Tagesschau in einfacher Sprache für „Nachrichten für Idioten“, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Die konservativen Parteien? Neoliberalismus, in dem nur zählt, wer volle Leistung bringen kann.
Alle anderen? Hätten teilweise gute Ideen, kriegen sie aber im aktuellen Klima nicht umgesetzt.

Also sind wir hingegangen zur Demo. Haben uns durchgekämpft. Uns auf die Straße gestellt. Weil wir ein Zeichen setzen wollten. Weil wir zeigen wollten: Wir sind nicht einverstanden mit diesem Rechtsruck. Weil wir diejenigen unterstützen, die für Demokratie, Solidarität und Menschlichkeit kämpfen. Weil wir anderen marginalisierten Gruppen Mut machen wollten. Weil wir sagen wollten: Ihr seid nicht allein.
Es war uns einfach wichtig.
So wahnsinnig wichtig. Und gleichzeitig macht es mich wütend. Dass es überhaupt notwendig ist. Dass wir im Jahr 2025 immer noch für Selbstverständlichkeiten kämpfen müssen. Dass eine Demonstration gegen Rechts nötig ist.
Besonders ärgert mich offen gesagt die CDU. Ich schätze konservative Werte, wirklich. Ich glaube, dass sie für das gesellschaftliche Gleichgewicht notwendig und wichtig sind. Aber der Kurs, den Merz fährt? Macht mir Angst. Er hofiert Narrative, die nach unten treten, die Menschen verachten, die auf eine reine Verwertungslogik setzen. Und das zerstört Vertrauen. In Demokratie. In Politik. In ein Miteinander, das tragen könnte. Und in eine Gesellschaft, in der unser Sohn trotz Beeinträchtigungen gut leben kann.

Wir haben für unsere Kinder demonstriert. Für uns. Für euch. Für alle, die sich eine Gesellschaft wünschen, in der niemand Angst haben muss, weil er oder sie anders ist.
Und ich bin wahnsinnig stolz auf Sohn 01. Obwohl er die Reden nicht richtig verstanden hat, obwohl ihm kalt war, obwohl ihm gegen Ende ziemlich langweilig war: Er war mit vollem Herz und Begeisterung dabei. Sogar mit selbst gebasteltem Demo-Schild. Weil er verstanden hat, dass rechte Fantasien niemandem guttun – und seinem Bruder schon gleich gar nicht. Weil er von seinem Taschengeld für die Demo-OrGa gespendet hat. Ich hab den Jungen ja immer wahnsinnig lieb – und manchmal noch mehr.
Wir werden es wieder tun
Und wir werden es wieder tun. Trotz aller Herausforderungen, die das für uns Familie mit sich bringt. Weil es einfach keine andere Option gibt. Weil es unser Beitrag ist. Weil wir an eine Zukunft glauben, in der Menschlichkeit nicht mutig, sondern selbstverständlich ist.

Und wenn du dabei bist, sind wir der Verwirklichung dieses Traums schon einen Schritt näher. Deshalb: bitte öffne dein Herz für die, die am Rand stehen und vielleicht kaum für sich selber eintreten können – und dann engagier dich entsprechend. Und wähle so, als würdest du zu einer dieser Gruppen gehören.
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Bausteine staunen
Bausteine staunen. Ich durfte für ein paar Jahre beruflich mit insgesamt tausenden Kindern Lego spielen. Dabei ist sogar ein Buch entstanden.
Bilder: Dall-E, Canva, Privat.
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Hallo Heiko, wie großartig, dass ihr euch die Demo gegeben habt. Auch wenn ihr dafür einiges in Kauf genommen habt. Wir mussten nur unsere Pudel-Seniorin schleppen, die nicht mehr alleine bleiben kann. Aber es war so schön unter lauter Gleichgesinnten zu sein und zu hören, zu sehen, dass man nicht alleine ist mit seinen Ideen zu einem demokratischen Land.
Ich bin bei dir, mit der Wut, mit der Fassungslosigkeit und mit dem Willen, etwas zu bewahren, zum Guten zu verändern. So habe ich heute einen Blogartikel veröffentlicht, in dem ich beschreibe, warum es mir als Coachin wichtig ist, mich gegen die antidemokratischen Strömungen zu engagieren, das Thema beschäftigt mich wirklich nachhaltig.
Erholt euch gut! Liebe Grüße
Claudia
Hab vielen Dank, Claudia.
Wie schön, dass du mit eigenem Blogartikel dabei bist.
Danke für die Weggemeinschaft bei diesem Thema. Das ist so wertvoll und wichtig.
Alles Liebe
Heiko
Lieber Heiko,
danke für deinen berührenden Text und für euren Einsatz für unsere Demokratie und gegen Rechts. Danke, dass du sichtbar machst, was es dich und euch kostet, auf eine Demo zu gehen. Danke, dass du auch online deine Position vertrittst.
Auf Demos gehe ich auch, einen Blogbeitrag dazu habe ich noch nicht geschrieben. Dazu hast du mich gerade ermutigt und bestätigt, das zu tun.
Alles Gute für dich und deine Familie
Susanne
Vielen Dank, Susanne.
Ich freue mich auf deinen Artikel.
Wie schön, dass wir auf verschiedenen Demonstrationen gemeinsam unterwegs sind!
Alles Liebe
Heiko
Lieber Heiko,
ich habe fühle dich und euch so sehr in dieser Situation! Aus den gleichen Gründen wie ihr gehe auch ich mit unseren drei Kindern auf die aktuellen Demos – mit gemischten Gefühlen. Zu gut erinnere ich mich an den Ausländerhass in den 90ern. Und immer mal wieder ergreift mich die Angst, dass meinen Kindern ähnliches widerfährt wie mir damals. Doch wie gut, dass ihr, dass wir und so viele andere immer wieder die Angst überwinden, uns für demokratische, christliche, menschliche Werte einsetzen. Für ein Miteinander in Frieden.
Es tut mir leid, dass ihr als Familie einen so hohen Preis dafür zahlen müsst.
Sehr herzlich
Pia
Danke dir, liebe Pia!
Frieden. Das ist eine ganz tiefe Sehnsucht. Für unsere Welt, unsere Gesellschaft, Familie, mich … und dich 😉