Es gibt diese Tage.
An denen du dir selbst nicht über den Weg traust.
An denen du zu laut wirst, zu hart, zu müde.
An denen du dich am liebsten verstecken würdest vor dir selbst.
Oder du erinnerst dich an etwas, das du lieber vergessen würdest.
Etwas, das du gesagt hast.
Etwas, das du versäumt hast.
Etwas, das dich beschämt.
Dann klingt dieser Satz im Vaterunser wie eine Zumutung – und gleichzeitig wie eine Verheißung:
„Und vergib uns unsere Schuld.“
Das Vaterunser
nach Matthäus 6,9-13 in der Übersetzung „Neues Leben Bibel“.
Unser Vater im Himmel, dein Name werde geehrt.
Dein Reich komme bald. Dein Wille erfülle sich hier auf der Erde genauso wie im Himmel.
Schenk uns heute unser tägliches Brot
und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir denen vergeben haben, die an uns schuldig geworden sind.
Lass nicht zu, dass wir der Versuchung nachgeben, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Wenn das Herz schwer ist
Schuld ist kein Modewort mehr.
Wir reden lieber von Fehlern.
Von Überforderung. Von schwierigen Umständen.
Und ja – vieles in uns ist erklärbar.
Unsere Reaktionen, unsere Muster, unsere Grenzen.
Aber manchmal bleibt da trotzdem etwas liegen.
Etwas, das sich nicht einfach wegerklären lässt.
Ein Knoten im Bauch. Eine innere Unruhe.
Schuld ist das, was zwischen mir und dem Leben steht.
Zwischen mir und Gott.
Zwischen mir und einem Menschen.
Manchmal sogar zwischen mir und mir selbst.
Immer schuldig, immer unvollkommen – und trotzdem geliebt
Der Soziologe Hartmut Rosa nennt es das „Schulddreieck“:
Ich – Familie – Arbeit.
In mindestens einem dieser Bereiche fühle ich mich eigentlich immer schuldig.

Wenn ich bei der Arbeit funktioniere, komme ich zuhause zu kurz.
Wenn ich für meine Kinder da bin, bleibt die To-do-Liste liegen.
Wenn ich mich um mich selbst kümmere, meldet sich das schlechte Gewissen.
Und das ist nur der Anfang.
Denn die Welt trägt auch.
Das Klima. Der Konsum. Die Armut anderer.
Wir sind verstrickt in Zusammenhänge, die größer sind als wir.
Schuldig, ohne es zu wollen.
Schuldig, obwohl wir Gutes wollten.
Und doch dürfen wir dieses Wort sagen: „Vergib.“
Dürfen bitten: „Vergib uns unsere Schuld.“
Nicht, um alles kleinzureden.
Sondern um es loszulassen.
Um zu atmen.
Um frei zu werden.
Nicht zerbrechen – sondern ehrlich werden
Wenn wir beten: „Vergib uns unsere Schuld“,
dann ist das kein spirituelles Schuldbekenntnis aus Pflichtgefühl.
Es ist ein Gebet, das aufrichtet.
Das einlädt, ehrlich zu sein, ohne daran zu zerbrechen.
Jesus selbst hat uns dieses Gebet geschenkt.
Nicht, um uns klein zu machen.
Sondern um uns zu befreien.
Von dem, was drückt. Von dem, was festhält. Von dem, was uns innerlich aufreibt.
Du musst dich nicht selbst erlösen.
Du darfst es abgeben.
Mit leeren Händen dastehen – und trotzdem geliebt sein.
Geistliche Begleitung: Raum für Versöhnung
In der geistlichen Begleitung höre ich oft diesen Satz:
„Ich weiß gar nicht, wie ich wieder gut mit mir werden soll.“
Es geht nicht um billige Vergebung.
Nicht um ein „Ist doch nicht so schlimm“.
Sondern um eine Vergebung, die tief geht.
Die sich durchboxt durch all die inneren Abwehrmechanismen,
und irgendwann sanft aufsetzt – mitten im Herzen.
Vergebung ist ein Prozess.
Manchmal beginnt er mit einem Satz.
Manchmal mit einem Seufzen.
Und manchmal mit Tränen.
Und dann wird es möglich:
Ein neuer Blick.
Ein erstes Verzeihen.
Ein bisschen Frieden.
Die Bitte um Vergebung muss kein großer innerer Kraftakt sein.
Sie kann beginnen mitten im Alltag – mit einem kleinen Ritual, das dich verbindet: mit Gott, mit dir, mit der Hoffnung auf einen Neuanfang.
🕯️ Ritual: Hände öffnen – Schuld loslassen
Setz dich an einen ruhigen Ort. Lege deine Hände mit den Handflächen nach oben in den Schoß.
Schließe deine Augen.
Und denke an eine Situation, in der du dich selbst enttäuscht hast.
Oder jemanden verletzt hast.
Oder dich innerlich von Gott entfernt fühlst.
Sprich leise – oder in Gedanken:
„Vergib mir.“
Lass die Hände offen.
Du musst nichts festhalten.
Nicht kontrollieren. Nicht lösen.
Bleib so einen Moment.
Und wenn du willst, flüstere schließlich:
„Ich bin mehr als das, was ich falsch gemacht habe.“
Vergebung ist nicht etwas, das du dir verdienen musst.
Sie kommt dir entgegen.
Wie Licht, das durch einen Riss fällt.
Wie eine Hand, die dich hält.
Gott selbst vergibt dir. Nicht weil du genug Reue hast. Sondern weil du geliebt bist.
Und genau das macht dich frei.
Dann steh auf.
Atme tief.
Und geh weiter.
Eine Einladung
Vielleicht trägst du etwas mit dir herum, das du nie ganz losgeworden bist.
Vielleicht hast du gelernt, stark zu sein – und alles zu überspielen.
Dann ist dieses Gebet für dich.
Ein Ort, an dem du landen darfst.
Ein Satz, der dich erinnert:
Du bist nicht die Summe deiner Fehler.
Du bist gesehen.
Vergeben.
Und frei.
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