Es war der letzte Tag meiner Reha.
Ein letztes Gespräch mit der Therapeutin, die mich über viele Wochen begleitet hatte.
Sie reichte mir eine Karte – mit einem Bibelvers darauf. Kein netter Abschluss, kein motivierendes Zitat, kein „Du schaffst das“-Satz. Sondern dieser eine Vers.
„Doch gerade an Tagen, an denen ich mich fürchte, vertraue ich auf dich.“
– Psalm 56,4
Und ich wusste sofort:
Das ist kein Satz für später. Für irgendwann.
Das ist ein Satz für jetzt. Und ab jetzt.
Für mein Leben. Für mein Herz. Für meine Angst.
Dieser Artikel ist mein Beitrag zur Blogparade „Ein Satz, der mich trägt“ von Sylvia Torgau.
Ich habe mich gefürchtet. Oft.
Ich bin Vater eines besonderen Kindes. Und das bedeutet: Ich habe oft Angst.
Angst davor, dass mein Kind leidet.
Angst, nicht zu genügen.
Angst, an allem zu zerbrechen.
Ich habe Verantwortung getragen. Mehr, als gut war. Für meine Familie. Für die Arbeit. Für eine Welt, die ich ein Stück besser machen wollte.
Ich funktionierte lange. Zu lange.
Bis mein Körper stoppte.
Bis die Seele nach Hause wollte.
Bis gar nichts mehr ging.
Burnout.
Fallen und gehalten werden
In dieser Zeit und besonders in der Reha lernte ich, wie man fällt – und gehalten wird.
In den Monaten fühlte ich mich fremd in und mit mir. Leer. Erschöpft. Im wahrsten Sinne des Wortes ausgebrannt.
Ich wusste nicht, wie man sich ausruht. Ich wusste nicht, wie man loslässt.
Ich wusste nicht, wie man Vertrauen buchstabiert.
Und doch war da langsam ein neues Wort: Haltenlassen.
Durch viel Zeit. Durch Gespräche. Durch Rituale.
Nicht schnell. Nicht spektakulär. Aber tief.
Ich durfte erfahren: Angst ist nicht das Ende der Geschichte. Vertrauen kann in ihr wachsen.
Und dann – zum Ende der Reha – also dieser Vers.
„Doch gerade an Tagen, an denen ich mich fürchte, vertraue ich auf dich.“
Kein Trostpflaster. Kein Versprechen, dass alles gut wird.
Aber eine Einladung, mich hineinfallen zu lassen.
In ein Vertrauen, das größer ist als ich selbst. Und meine Angst.
Psalm 56,4 begleitet mich bis heute
Ich habe die Karte mit dem Vers behalten.
Sie liegt auf meinem Schreibtisch. Manchmal steckt sie in der Tasche.
Oft in meinem Herzen.
Vor ein paar Wochen war mein Sohn zum ersten Mal zwei Nächte auf Klassenfahrt. Ohne uns. Ohne Familie.
Zum ersten Mal. Ein Riesenschritt. Für ihn. Für uns.
Ich habe mich gefürchtet.
Aber ich habe vertraut.
Manchmal flüstere ich den Vers, wenn ich das Haus verlasse.
Manchmal sage ich ihn, wenn ich nachts nicht schlafen kann.
Manchmal bete ich ihn für andere – wenn mir selbst die Worte fehlen.
Vertrauen ist nicht das Gegenteil von Angst.
Vertrauen ist der stille Mut, sich trotzdem zu öffnen.
Ein Satz, der trägt – auch für dich?
Vielleicht hast du selbst so einen Vers.
Einen, der nicht schön klingt, sondern wahr ist.
Einen, der nicht belehrt, sondern begleitet.
Die Psalmen kennen die Angst. Sie machen sie nicht klein, sie nehmen sie ernst.
Und gerade deshalb können sie tragen.
Hier sind ein paar Verse, die mich in dunklen Stunden schon gehalten haben. – vielleicht ist auch einer dabei, der dich tragen kann/darf?
- „Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück.“ – Psalm 23,4
- „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst.“ – Jesaja 43,1
- „Gott hat uns nicht den Geist der Furcht gegeben, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“ – 2. Tim 1,7
Fazit: Vertrauen ist ein anderes Wort für getragen sein
Ich fürchte mich. Immer noch.
Aber ich vertraue – immer öfter.
Nicht, weil ich so mutig bin. Sondern weil ich gelernt habe, dass ich gehalten bin.
Psalm 56,4 ist für mich nicht einfach ein Bibelvers.
Er ist ein Boden unter meinen Füßen.
Er ist ein Licht in der Nacht.
Er ist der Satz, der mich trägt.
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Bilder: Dall-E, Canva, Privat.
Lieber Heiko,
dein Beitrag hat mich erwischt, im besten Sinne. Du beschreibst, was viele nur hinter vorgehaltener Hand erzählen: wie es ist, wenn Verantwortung zur Erschöpfung wird, wenn Angst überhandnimmt, wenn man nicht mehr weiß, wie man sich selbst halten soll. Und dann dieser Vers als Einladung zum Vertrauen mitten in der Angst.
Auch wenn ich deinen Glauben nicht teile, dein Satz, der Psalm „Doch gerade an Tagen, an denen ich mich fürchte, vertraue ich auf dich“ erreicht auch mich. Bringt etwas zum Klingen in mir. Er liest sich wie ein Versprechen auf eine zutiefst menschliche Sehnsucht, drängt sich nicht auf, sondern lädt ein: Du darfst dich fürchten. Und du darfst dich dabei halten lassen.
„Haltenlassen“ – dieses Wort hallt in mir nach. Hier geht es nicht um Happy End und Hurra, sondern etwas viel Wertvolleres. Es geht um Vertrauen, das dir in der Angst das Atmen ermöglicht. Ich habe deinen Text gelesen und dachte: So klingt es, wenn ein Mensch sich nicht mehr beweisen muss. Wenn Verletzlichkeit nicht als Schwäche gesehen wird, sondern als Wahrheit, als Bestandteil des Lebens. Und der Psalm erinnert an das, was wir in diesen Momenten so dringend benötigen: Vertrauen.
Danke, dass du diesen Satz, den Psalm 56,4 und deinen Weg mit uns geteilt hast.
Herzliche Grüße,
Sylvia
Liebe Sylvia,
deine Worte haben mich tief bewegt. Danke, dass du so aufmerksam gelesen und mit dem Herzen geantwortet hast.
Du hast etwas ganz Wichtiges benannt: Dass dieser Psalmvers nicht „laut“ daherkommt. Sondern leise. Wie eine ausgestreckte Hand. Wie ein Atemzug, der möglich wird, obwohl es eng ist.
Dass du den Gedanken vom Haltenlassen so aufgreifst, freut mich sehr. Denn genau das war und ist für mich die Erfahrung: Ich muss nicht alles im Griff haben. Ich darf mich auch mal fallen lassen – in eine Kraft, die größer ist als meine.
Ich finde es schön, dass dieser Vers auch dich erreicht hat – auf deine Weise. Vielleicht ist das ja das Wunder an solchen Worten: Sie wirken jenseits der Kategorien von „Glauben teilen“ oder nicht. Weil sie menschlich sind. Offen. Wahr.
Danke für deine Einladung zur Blogparade – und danke für dein Echo.
Herzliche Grüße
Heiko