Jahresrückblick 2022: Überleben – ein guter erster Schritt von vielen

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Jahresrückblick 2022: Heiko im Grünen

2022 – neigt sich dem Ende entgegen. „Endlich!“, möchte ich da fast aufstöhnen. Was ein Jahr. Zeit für einen Jahresrückblick 2022.

Auf den ersten Blick viel Zerbruch, Scherben und Überforderung. Manchmal schon echt anstrengend, dass ein Jahr ganze 365 Tage dauern muss … Ich würde schon sagen, 2022 hat sich außerordentlich bemüht unter die TOP3 der anstrengendsten, herausforderndsten, einfach der besch… Jahre meines bisherigen Lebens zu kommen. Und was soll ich sagen: Es wird eng, aber Platz drei könnte drin sein.

Allerdings – positiv gesehen – wenn wir als Familie, Eltern und ich als Heiko aus all den Herausforderungen dieses Jahres gestärkt herausgehen können, dann wär das ein echtes Träumchen! Und ich glaube, da sieht es auch gar nicht so schlecht aus. Auch wenn uns die verschiedenen Themen dieses Jahres über die Maaßen gefordert haben, haben wir unglaublich viel gelernt, sind gewachsen, haben Prioritäten klarer gekriegt und haben viel Hilfe und echte Freundschaft erlebt. Eine ziemlich gute Bilanz eigentlich. Ich stelle mir vor, dass 2023 deutlich besser für uns wird (Nein, ich stelle mir das nicht nur vor: Wir haben das als Familie beschlossen. Einstimmig.) und wir neben Erholung und easy going auch an der ein oder anderen Stelle mit klaren Prioritäten und Motivation neu durchstarten können. Darauf freue ich mich. Insofern gilt für 2022 und den hoffnungsvollen Ausblick nach vorne: Überleben – ein guter erster Schritt von vielen.

Und et war ja auch net allet schlecht. Auch im TOP3-Mist-Jahr gab es viel Schönes, Rührendes, Lustiges und Dinge, die fürs Erinnerungsalbum taugen. Übersehe ich bei dem Overload an Herausforderung manchmal …

Schauen wir einfach mal rein in unser/mein 2022. Schön, dass du dabei bist!

Die Inhalte dieses Blogartikels:

Meine Ziele für 2022. Wie ist es gelaufen?

  • Neue Balance gewinnen zwischen meinen verschiedenen Projekten, der Familie und mir selbst. Da war ich im Januar 2022 echt motiviert und habe mir viele Gedanken gemacht … einige waren nicht mal schlecht, habe ich den Eindruck. Aber dann kam Corona dazwischen und seitdem bin ich von Balance, Fokus etc. so weit weg wie schon lange nicht mehr.
  • 30 Bücher lesen. Das hat überraschenderweise fast geklappt. 26 Sind es geworden. Das erstaunt mich, weil sich Corona irgendwie zum Ziel gesetzt hat, mein Hirn völlig auszuschalten. So war ich in diesem Jahr insgesamt wochenlang nicht in der Lage, auch nur eine Romanseite zu lesen und danach zu wissen, um was es da eigentlich ging.
  • Körperliche Issues angehen. Man wird ja nicht jünger und die Zipperlein nehmen zu. Eine Allergie hier, Rückenschmerzen da … wär gut gewesen. Aber Corona und so. Vielleicht in 2023, die Zipperlein sind ja noch da und warten. 😉
  • Die Wohnung umbauen und ein eigenes Zimmer für Sohn 02 einrichten. Das hat ganz wunderbar geklappt und der Sohn liebt es. Deswegen wird jeder Besuch auch ohne Umschweife zur Besichtigung aufgefordert: „Du pomm mein Pimmer. Ja, nee?“
  • Beginn des Aufbaus eines Pools von Schulungsvideos für Mitarbeitende eines christlich-sozialen Projekts. Hätte ich voll gern gemacht und habe auch einige Seiten an Ideen etc. in der Schublade. Aber dann, du wisst schon: Corona. Mal sehen, ob das noch mal neu auf die Zielliste kommen darf.

Mein Jahresrückblick 2022

Corona – ein Stoppschild mit Schranke

Im März 2022 wurde die Pandemie in Deutschland zwei. Irgendwie hatten wir uns in dem ganzen Pandemie-Kram irgendwie halbwegs eingerichtet zwischen:

  • für uns wichtige Menschen kaum treffen zu können, Freunden nur aus der Entfernung in aktuell schwierigen Lebenslagen beistehen zu können,
  • mit der eigenen Sterblichkeit konfrontiert werden und damit klarkommen,
  • und Menschen, von denen man dachte, man würde sie kennen an Verschwörungsmythen zu verlieren.

Vor allem aber Angst um Sohn 02 zu haben und sich darum zu sorgen, was eine Corona-Infektion wohl bei ihm auslösen könnte. Sein Kabuki-Syndrom würde es dem Körper mal mindestens nicht leichter machen, mit einer Corona-Infektion klarzukommen. Schlimme Folgen eindeutig nicht ausgeschlossen. Bei all den OPs, Therapien, Einschränkungen etc., die Sohn 02 in seinem kurzen Leben schon hatte über sich ergehen lassen müssen, wollten wir ihm das nun wirklich ersparen. Dementsprechend vorsichtig waren wir die beiden Pandemie-Jahre über, haben uns an Maßnahmen gehalten, uns impfen lassen etc.

Ein Leben als behinderte Familie bringt so einige Herausforderungen mit sich – und Corona hat da immer noch eine Schippe draufgelegt.

  • Viele Arzttermine und Therapien? Mit vorigem Test, Maske, Formularen etc. bei jedem Eintritt ins Krankenhaus und Praxen, dauerten dieselben Dinge auf einmal doppelt so lange. Zwischendurch verbieten die Regelungen „körpernahe Dienstleistungen“, also fällt wochenlang eigentlich wichtige Förderung flach.
  • Integrationsplatz im Kindergarten, um den Sohn zu fördern und zu Hause etwas Luft zu verschaffen? Mit Personalausfällen, Quarantäne etc. gleicht die Frage, ob Sohne 02 wohl heute n den Kindergarten geht, eher einem Glücksspiel. Und wahnsinnig viel Glück im Spiel hatten wir noch nie.
  • Für das Kind sind gleiche Abläufe, guter Kontakt zu Personen, die etwas mit ihm „machen“ wollen und eine beruhigende Atmosphäre besonders in Stresssituationen wichtig? Ärzt:innen mit Maske, deren Gesicht nicht zu erkennen ist, raschelnde Gesamtkörperkittel, ständige Tests, die der Sohn besonders hasst und schon beim Anblick eines Teststäbchens in Panik verfällt etc. helfen leider überhaupt nicht.

Dazu das Grunderlebnis, dass sich Politik und oft auch Gesellschaft an sich, nicht wirklich um Kinder und Familien schert und lieber auf Homeoffice, Homeschooling und Isolation setzt, als zu überlegen, was in Schule, KiTa etc. getan werden müsste, um Kinder und Familien in der Pandemie Hilfe und Stütze zu sein. Lieber Verantwortung abwälzen, als sie zu übernehmen, scheint das Motto zu sein. Das war für mich ganz schön ernüchternd.

Wahrscheinlich ist es ein leider normales Verhalten in Krisen. Die Bereiche, die uns am unwichtigsten sind und deren Belange wahrzunehmen und umzusetzen auch schon in „guten Zeiten“ tendenziell als Zumutung empfunden wird, fallen in Krisen als erstes unter den Tisch. Nach den Erfahrungen mit dieser Pandemie würde ich sagen: In Deutschland gehören Kinder und Familien bedauerlicherweise dazu. Von Alleinerziehenden ganz zu schweigen. Das könnte uns besonders mit Blick auf die Zukunft von Sohn 02 schon Sorgen machen, weil er ein Leben lang auf Solidarität anderer angewiesen sein wird …

Im Februar 2022 erwischt uns Corona dann doch. Der Reihe nach zeigen alle Familienmitglieder Symptome und die Teststreifen färben sich doppelt tiefrot. Sohn 01 steckt die Sache am besten weg. Er liegt einige Tage flach und ist dann wieder ganz der Alte. Meine Frau hat eine gute Woche lang heftige Grippesymptome und dann gehts aufwärts. Sohn 02 erwischt Corona so heftig, dass sein Körper nicht mehr alleine klarkommt und er im Krankenhaus für einige Tage stabilisiert werden muss. Aber dann ist auch er bald wieder fit. Das ist noch mal glimpflich abgelaufen. #dnkgtt

Ich bekomme als letztes Symptome und habe dafür am längsten etwas davon. Zwei Wochen heftig und darauf folgend eine bleierne Erschöpfung, wie sie mir vorher eigentlich nicht bekannt war, und keine Chance sich länger als Minuten zu konzentrieren. In den ersten Wochen weiß ich nach ein paar Minuten tatsächlich nicht mehr, was ich selbst davor gesagt habe … gruselig. Acht Wochen wirft mich Corona so völlig aus der Bahn. Aber bei allem bleibt die Freude und Dankbarkeit darüber, dass die Kids das Ganze gut überstanden haben und Sohn 02 verwundert fragen kann: „Papa imma lafen, warum?“

Corona und kein Ende – mein „the new normal?“

Der Februar 2022 liegt mittlerweile in weiter Ferne – und damit auch meine COVID-Infektion. Die Nachwirkungen scheinen es sich aber leider bei mir gemütlich zu machen. Die ersten Wochen nach der Infektion waren geprägt von minimal vorhandener Energie und fehlender Konzentrationsfähigkeit. Und dann gings langsam bergauf. Zwar quälend langsam, aber stetig etwas besser. Trotzdem ist es mir unfassbar schwergefallen, mit den Einschränkungen zu leben, mein Leben darauf auszurichten und trotzdem irgendwie ansatzweise den Ansprüchen von Arbeit, Familie und vor allem mir selbst gerecht zu werden.

Nicht nur einmal habe ich mir mehr zugemutet, als gut war, was mich gleich wieder zu tagelangem Ausruhen zwang. Abseits davon, dass meine Kolleg:innen für mich mitarbeiten und meine Spontan-Kurz-Ausfälle abfangen mussten. „Meine“ Studierenden unter dem Nebel in meinem Hirn zu leiden hatten. Die Berufseinsteiger:innen, die ich begleite, das eine ums andere Mal Termine mit mir aufzuschieben hatten. Musste meine Frau, die eh schon wahnsinnig viel in die Begleitung der Söhne investiert und sich in die Besonderheiten rund um Sohn01s Syndrom reinarbeitet, noch mehr tun und sich irgendwie auch noch um mich Sorgen machen. Grausig und nur schwer auszuhalten.

Im Sommer, mit Urlaub und sonnenunterstützter guter Laune, hatte ich zum ersten Mal das Gefühl: Vielleicht wirst du doch wieder der Alte und die Leistungsfähigkeit, Spannkraft, Motivation und das halbwegs schnelle Denken kehren wenigstens zu 95 % zurück. Für den Herbst wagte ich schon erste kleine Planungen … und dann kam es doch wieder ganz anders.

Mit jeder aufkommenden Miniinfektion, die ich sonst in ein, zwei Tagen durchgestanden hätte, kamen die ungeliebten COVID-Nachwirkungen wieder zurück. Etwas Schnupfen und zack: Energie im Minusbereich und das Hirn auf die Konzentrationsfähigkeit eines Dreijährigen eingedampft. Nach knapp zwei Wochen Rückkehr zu halbwegs guter Form. Der Arzt will die Möglichkeit nicht ausschließen, dass „es nach einer der nächsten Infektionen auch mal so schlecht bleiben kann“. In meinem Kopf verbindet sich diese Info mit der bangen Frage: „Wenn ich mich nicht mehr auf mich und meine Einsatzfähigkeit verlassen kann, wer kann sich dann überhaupt noch auf mich verlassen? Kolleg:innen, meine Frau, meine Jungs, Freunde …? Wir leben als Familie davon, dass ich halbwegs gut denken kann. Wenn das nicht mehr funktioniert, was dann? Und: Wer bin ich dann überhaupt noch?“ Was einem ein paar Gedanken für Angst einjagen können!

Während ich diesen Jahresrückblick schreibe, bin ich wieder erkältet. Es ist noch nicht so lange her, da hatte ich mit etwas Schnupfen wieder einen 14-tägigen Energie-Meltdown mit ganztägig Brain-Fog … aber dieses Mal scheint es anders zu sein. Ich bin „normal schlimm“ krank. Alle Erkältungssymptome und die halten sich auch. Aber die Energie fällt nicht ins Bodenlose und ich kann lesen, sinnvolle Unterhaltungen führen und sogar ein bisschen für Weihnachten vorplanen. Von mehreren Menschen, Betroffenen, wie Therapeuten, höre ich Sachen wie: „Ja, das haben wir schon öfter gehört/erlebt. Anscheinend verschwinden bei vielen Long-COVID-Patient:innen die Symptome nach ungefähr einem Jahr wieder.“ Ein besseres Weihnachtsgeschenk habe ich selten bekommen, glaube ich.

Meinen großen Respekt allen, die mit Long-COVID-Symptomen, Fatigue o. ä. leben (müssen). Und ein entschiedenes „Pfui!“ an alle Verharmloser und Den-Menschen-ihre-Symptome-Absprecher!

Urlaub – fast geschenkt

Bei aller – m. E. sehr berechtigen – Kritik am Umgang mit Familien und Kindern in der Pandemie-Zeit, gab es natürlich auch positive Punkte. Einer davon war die staatliche Förderung einer „Corona-Auszeit“ für Familien z. B. mit einem behinderten Familienmitglied durch den Staat. Wir konnten so im Sommer eine Woche Urlaub im Erzgebirge machen. Mit einem Luxus, den wir uns sonst nie leisten würden: Vollpension. Was für ein Geschenk! In unserer tollen Urlaubswoche war für jeden was dabei:

Ich habe in Schneeberg einen Altar von Lucas Cranach entdeckt – seinen ersten protestantischen Altar. Und ich habe ihn sehr genossen, samt Atmosphäre in der Kirche, Zeit zum Reden mit Gott und mehr.

Unser Highlight war der Besuch in Crottendorf bei den Crottendrofer Räucherkerzen. Spielplatz, Mini-Museum, Außenbereich, großer Laden und Workshops zum Selber-Räucherkerzen-Herstellen. Extrem wunderbarer Tag.

Im Advent haben wir die Räucherkerzen aus Eigenproduktion natürlich feierlich getestet … und danach beschlossen direkt wieder gekaufte zu nutzen 😉

Mit Sohn 01 war ich in einem mittelalterlichen Bergwerk. Enge Gänge, feucht, dunkel, spannende Geschichten vom uns begleitenden Experten … über diese zwei Stunden sprechen wir heute noch oft.

Wir haben noch so viel mehr erlebt und gesehen. Zoo, Talsperre, Kerzen ziehen, Spieleabend in der Ferienwohnung und vieles mehr. Zwischendurch hat unser Auto den Geist aufgegeben und es wurde wirklich wundersam repariert und für uns bezahlt … aber das ist einen eigenen Blogartikel wert (dermaleinst).

Außerdem waren wir eine Woche zusammen auf der sogenannten TEF (der TABOR-Enkel-Freizeit). Buntes Programm für Kinder und Elternmal getrennt, mal zusammen und viel Zeit zu Plaudern und Austauschen mit anderen Mitgliedern unserer TABOR-Lebensgemeinschaft. Tut uns immer sehr gut und die Jungs lieben es beide ebenso.

Gott spricht …

2022 war bei den Marburger Medien für mich das Jahr von zwei großen Projekten. Natürlich mussten wegen meiner Abwesenheit Termine immer wieder verschoben werden und wir sind teilweise nicht halb so weit, wie wir geplant hatten – aber es ist auch einiges ziemlich cooles passiert, finde ich. Und ich freue mich, dass ich daran mitwirken durfte – und weiter darf.

Mit gott.net haben wir in Bremen eine Stadtkampagne getestet. An vielen Orten in der Stadt Plakate mit Aussagen, die so direkt von Gott stammen könnten, aber doch irgendwie überraschen anders sind. Weit über 100 Veranstaltungen von den verschiedensten Gemeinden in Bremen. Und einige komplett neue Medien zum Weitergeben, Verschicken etc. Dazu die Neugestaltung der Website. Unser Ziel war: Gott zu Wort kommen zu lassen, Aufmerksamkeit zu erregen und mit allen, die das Thema irgendwie interessiert, ins Gespräch zu kommen. Die Vorbereitung war harte Arbeit, auch, weil sie wegen Ausfall meinerseits teilweise sehr kurzfristig laufen musste – aber die Reaktionen in Bremen waren ziemlich toll. Gute Gespräche, Diskussionen, Annäherungen verschiedener Gruppen und für viele Menschen ein neues Bild von Gott und Kirche. Gefällt mir sehr, so was.

Wie könnten sich die verschiedenen Unterseiten der neuen gott.net-Webseite aufeinander beziehen? Wer schon immer mal nen dicken Knoten im Hirn haben wollte, ist bei so ner Übung genau richtig.

Seit Anfang 2022 ist Mannaplace (ehemals e. V.) Teil der Stiftung Marburger Medien. Mannaplace fördert junge christliche Filmemacher und will Clips produzieren, die Glauben zeigen, der im Alltag nachvollziehbar und relevant ist. Mannaplace gehört in mein Ressort und neben ganz viel Integrationsleistung, die wir erbracht haben und noch erbringen müssen, ist uns ein erster Film gelungen, den ich sehr, sehr schick finde: „Licht unter der Brücke“. Im November konnten wir die Filmpremiere mit der ganzen Crew in der HCF feiern – für mich als Neuling im Filmbereich ein intensives, tolles Erlebnis.

Frei-ehren-berufliches Expertentum

Ich bin unglaublich gern als Dozent, Berater, Begleiter im Kontext von Gemeinde und sozialen Projekten unterwegs. Deswegen liebe ich meinen Lehrauftrag an der Evangelischen Hochschule TABOR und unterrichte dort sowohl „Gemeindepädagogik“, als auch „Kinder- und Jugendhilfe“ regelmäßig. In diesem Jahr durfte auch wieder vier Bachelorarbeiten betreuen – das ist immer gleichermaßen erhebend, die im Studium gereiften Gedanken der Studis lesen zu dürfen und dazu kostenlose Fortbildung für mich. Irgendetwas Neues lerne ich dabei immer.

Seit einem Jahr begleite ich im Nebenberuf Berufseinsteiger:innen in soziale Arbeitsfelder, die vorher Soziale Arbeit studiert haben. Zoom-Austausch-Gruppe, Coaching-Gespräche, Schulungseinheiten vor Ort und Supervisionstage gehören fest zum Angebot dazu. Meinen ersten Jahrgang habe ich nun fast einmal komplett durch unser Programm begleitet und ich habe zwei Dinge herausgefunden:

  1. Es gibt ziemlich viele Dinge, die ich im zweiten Durchlauf noch mal anpassen oder anders machen werde.
  2. Ich darf da ganz tolle Menschen begleiten, die bewusst als Christ:innen in sozialen Arbeitsfeldern unterwegs sind, um Menschen zu begleiten, Leben mit ihnen zu teilen und zu helfen, Dinge/Situationen etc. zu verbessern. Bei allen Fragen der Rollenfindung, Problemen mit Kolleg:innen, Überforderungen etc. machen die allesamt einen richtig guten Job und verändern wirklich etwas im Leben von Menschen. Die gehören allesamt gefeiert!

Das ist eigentlich die dritte Erkenntnis: Ich darf als Lehrbeauftragter ein bisschen was dazu beitragen, künftige Theolog:innen und Sozialarbeiter:innen auszubilden und dann einiger der Sozialarbeiter:innen im ersten Berufsjahr begleiten. Ich darf quasi Held_innen ausbilden und ihnen im ersten Jahr beim Held:in-sein zusehen. Schöner Job, oder?!

Einen Blog habe ich irgendwo schon recht lange. Aber auch, wenn ich damit eigentlich große Ambitionen verbunden hatte (Meine Erkenntnisse verändern die Christenheit, ich versinke in Millionen Anfragen und die Weltherrschaft rückt in greifbare Nähe … so was halt), so richtig in Fahrt gekommen ist die Sache aber nie. Hat mich manchmal geärgert, meistens hab ich es einfach vergessen und ab und an habe ich gedacht: „Du wolltest doch da mal mehr machen, mehr schreiben, Mitarbeitende in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ermutigen und …“ So hat sich ein kleines Sammelsurium von um die 60 Blogartikel angesammelt über die letzten Jahre.

Im Herbst 2022 hat es mich dann noch mal so richtig gepackt. Mir ist noch mal ganz neu aufgegangen, dass mir bestimmte Themen nicht nur irgendwie wichtig sind, sondern so richtig am Herzen liegen: Kinder, Kirche, Glaube, der das Leben „verbessert“ und: Gemeinde als Safe Place. Und mit aller gebotenen Bescheidenheit habe ich den Eindruck, ich hätte dazu relevantes beizusteuern, dass evtl. dem ein oder der anderen weiterhelfen könnte. Deswegen sind in 2022 knapp 50 Blogartikel dazu gekommen und so langsam schärft sich, wie ich die großen Themen angehen will und ich freue mich auf die weitere Blog-Reise.

Gemeinde für alle?

Ein Thema hat sich für mich in 2022 deutlich herauskristallisiert, das für mich mit Blick auf Gott, Kinder und Kirche absolut elementar scheint: Gemeinde als Gemeinde für alle.

Kirche lebt von der Liebe Gottes. Weil Gott die Menschen liebt – völlig bedingungslos – gibt es Kirche. Einen Ort, an dem Menschen Gott feiern, füreinander da sind und miteinander lernen, das Leben in großer Freiheit und echt guten Beziehungen zueinander, der Umwelt, sich selbst und Gott zu gestalten. Wenn Gott alle Menschen liebt, dann steht es seiner Kirche, den Christen gut an, ebenfalls für alle offen, einladend und wertschätzend zu sein.

Leider ist das nicht immer so. Es menschelt halt überall. Aber das heißt ja nicht, dass wir es versuchen dürfen. 😉

Ich bin keinesfalls fertig mit diesem Thema oder hätte fertige Lösungen parat. Schön wärs. Aber beschäftigt haben mich Gedanken, wie …

  • Wie geht Kirche rassismusfrei? Ich habe in diesem Jahr so viel Inspirierendes dazu gelesen von Sarah Veccera und vielen anderen bei Insta.
  • Wie geht Kirche mit und für Menschen mit Behinderung? Und: Welches Gottesbild ist eigentlich mit Beeinträchtigungen, Überforderungen, fehlender Kraft etc. bei so vielen Menschen vereinbar? Viel Gutes zum Nachdenken gibts da bei Sarah Staub und weiteren.
  • Wie geht Kirche, die gegen Missbrauch aufsteht, altes Fehlverhalten ahndet und safe place für alle ist, in dem Macht, Gewalt etc. missbraucht werden?
  • Wie geht Kirche mit Menschen aller sex. Orientierungen? Ohne Ausgrenzung, Abwertung und Glauben-Absprechen? Einen wunderbaren Vortrag dazu hat z. B. Dr. Michael Diener gehalten.

Viele Fragen (und das sind noch lange nicht alle). Hier und da gibt es auch Antworten oder zumindest Praxistests. Aber da ist es noch eine Menge Luft nach oben. Sicher werde ich zumindest weiter darüber denken und schreiben. Ein Schlüsselmoment, für eine tiefere Beschäftigung mit diesen Themen und ein stärkeres Aktiv-Werden, war ein Gespräch mit einem Pastor bei Coming in.

Er berichtete davon, dass seine theologische Prägung ihn zu stark ablehnendem Verhalten und Reden gegenüber Homosexuellen geführt habe. Und obwohl er mittlerweile deutlich erkannt habe und zu 100 % sicher sei, dass das weder menschlich noch christlich richtig und gut sein kann und er sich in seiner Gemeinde sehr dafür engagiere, dass sie Gemeinde für alle sind. Kämen bei ihm immer wieder noch mal alte Ressentiments ganz unvermittelt hoch und er müsse sie bewusst beiseite stellen, um wirklich gut und wertschätzend mit z. B. Homosexuellen umgehen zu können. Ich habe seiner Geschichte zugehört und konnte seinen inneren Kampf spüren. Und wie ein Blitz durchfuhr mich ein Gedanke, der mich seitdem nicht mehr loslässt:

Ich will nicht, dass meine Kinder so geprägt werden, wie dieser Pastor (und viele, viele andere). Auch nicht, dass meine Kinder – dass irgendwelche Kinder, Ablehnung von Menschen im Namen Gottes eingeprägt bekommen. Ich wünsche mir, dass das Gegenteil der Fall ist. Kirche sollte Gottes Liebe feiern und verschwenderisch weiterschenken. Solche Christen braucht es. Solche Menschen braucht unsere Welt.

Sie fahren auf Reserve. Bitte tanken.

Aufs Ganze gesehen, haben mich die schönen Ereignisse dieses Jahres wie seine Herausforderungen zum Nachdenken darüber gebracht, wie Leben gelingen kann, das an vielen Stellen nicht planbar und vorhersagbar ist. Die limitierenden Faktoren für alle Planung sind solche Dinge wie Krankheit, fehlendes KiTa-Personal, sich verschiebende Termine, Inflation, sonstige Krisen und dergleichen ähnlichen. Je älter ich werde, desto eher wird auch das ein limitierender Faktor. 😉 D.h. die Frage ist eigentlich: Wie kann ein Leben in Balance zwischen Familie, Beruf und Privatem gelingen, das nicht nur diese Balance weitestgehend hält, sondern mich auch in der Summe nicht überfordert, sobald auch nur eine Kleinigkeit nicht wie geplant funktioniert. Am allerbesten wäre doch sogar, wenn so ein Leben es erlauben würde, ein bisschen Reserve an Kraft, Zeit, Geld etc. aufzubauen, um im Fall der Fälle nicht gleich blank da zustehen.

Demgegenüber steht unsere Pandemieerfahrung: Schon vor Corona waren wir durch Kabuki und Co. oft am Limit unserer Organisationsfähigkeiten, Kräfte und Nerven. Das ging irgendwie, aber die vielen Sonderherausforderungen durch heftige OPs und Krankenhausaufenthalte o. ä. haben keine Erholung und erst recht keinen Reserven-Aufbau zugelassen. Im Gegenteil. Aber wenn es nötig war, konnten wir für eine Sonderherausforderung immer noch mal besondere Ressourcen aktivieren und durchziehen. Das ist seit Corona anders. Die Reserven sind aufgebraucht. Alle Tanks stehen auf null. Da wurde in diesem Jahr einfach zu viel Spannkraft, OrGa-Fähigkeit, Langmut und Sorgenmuskel benötigt.

Dem wollen wir im kommenden Jahr nachspüren. Was gibt uns Kraft, wo tanken wir auf, was füllt Reserven wieder? Wo braucht es mehr Gelassenheit, Zulassen von 80/20, Abgeben von Sorgen? Was sind unsere positiven Ziele – einzeln, wie miteinander -, die Energie schenken und unsere Sehnsucht füttern? Deswegen wird mein Motto für 2023: Reserven aufbauen und bei allem Tun stets noch etwas in dieser haben.

Mein Jahr 2022 in Zahlen

  • 26 Bücher gelesen (von 30 eigentlich als Ziel gesetzten) – das dünnste und gleichzeitig mein Jahreshighlight ist „Der Prophet“ von Khalil Gibran. Kurze Texte, wunderschön poetisch geschrieben. Zum Drin-Verlieren.
  • Sohn01 14 Bücher zum Zu-Bett-Gehen vorgelesen. Von Snöfried über Ben und den Schlunz … ach und Missi Moppel 😉
  • 47 Blogartikel für meinen Blog verfasst und insgesamt hier schon 34328 Worte hingeschrieben.
  • 1391 neue Blog-Leser:innen sind in diesem Jahr dazu gekommen. Sehr erstaunliche 4231 FacebookFreunde und 1255 Follower bei Instagram. Weiß gar nicht, wo die alle herkommen – aber schön, dass ihr da seid! 😉
  • Fast drei Monate insgesamt krankgeschrieben gewesen in diesem Jahr. So viel, wie noch nie, bisher. Sch… Corona!
  • Vier Bachelorarbeiten an der Ev. Hochschule TABOR begleiten dürfen. Persönlicher Rekord und nebenbei geschenkte Fortbildung für mich.

Was 2022 sonst noch los war

Großes Thema dieses Jahres: Sohne 02 will selber fotografieren. Eigentlich immer. Und mindestens 100 Bilder pro „Motiv“. Aber wenigstens die Alltagsdokumentation ist save.

Seit einiger Zeit haben wir Legepersonal im Garten und mögen es (Habt ihr schon mal Hühner harte Spaghetti essen sehen? Sehr erheiternd). Gleichzeitig ist es halt auch einiges an Arbeit und Einschränkung. Im Zuge meines neuen Jahresmottos für 2023 werden wir das Federvieh deshalb abgeben.

Russland führt Krieg in der Ukraine. Schon fast ein Jahr lang. Und ich merke, ich fange an, mich ein bisschen an die Kriegsnachrichten zu gewöhnen. Und das Leid der Menschen nicht mehr so an mich heranzulassen … und das ärgert mich. Ich will mich nicht gewöhnen. Ich will weiter fassungslos sein und wütend, mit-leidend und solidarisch und stets argumentativ bereit, allen Putin-Versteher:innen entgegenzutreten.

Wir mögen Marburg voll gerne und leben auch wirklich gerne hier. Die Stadt ist gut, die Leute auch, wir haben passende Ärzte und Therapeuten für Sohne 02, sowie einen Integrationsplatz im Kindergarten. Sohn 02 geht gern in seine Schule. Ich mag meine Arbeit. Wir lieben unsere Wohnung (vor allem die Hausmitbewohner, den Platz und die Aussicht). Dass die Stadt zur 800-Jahr-Feier mal eben die Stadtautobahn sperren lässt und Tausende ein großes Fest auf der Autobahn feiern, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Marburg top ist.

Was wir ebenfalls lieben, ist es, zu TABOR zu gehören – zur sogenannten „Lebensgemeinschaft“. Die Verbindung mit über 1000 Leuten überall auf der Welt ist an sich schon einfach toll. Dass man hier Gebet, Unterstützung etc. erfährt wer- und wann-immer nötig, ist ein echter Hammer. Uns hat das im letzten Jahr erneut an so vielen Stellen geholfen, wenn nicht gerettet. Vielen Dank an alle Taborianer. Wir sind spitze zusammen!

Zeit mit der Familie verbringen, oft bei kleinen Ausflügen, war auch 2022 wieder highlightverdächtig. Wie hier: Familienausflug zu einem kleinen See in der Nähe. Sonne, Wind, Weite überm Wasser. Ein nicht zu langer Rundweg. Viel zu Entdecken. Gut gelaunte Jungs. Und fast so etwas wie gelöste, aus der Ferne Entspannung erahnende Eltern. Einfach schön.

Trotz arg rationiertem Regenwasser hatten wir im Hochbeet und von den Obstbäumen im Garten eine richtig große Ernte. Erdbeeren, Kirschen, Äpfel, Zucchini, Radieschen … faszinierend, was Gott sich da alles ausgedacht hat, dass wir jedes Jahr mit leckerem Essen beschenkt werden. Und dann auch noch direkt vor der Tür. Richtig schön.

Ein Jahreshighlight: Ein Wochenende mit hunderttausenden Bausteinen und vielen Kindern bei uns in der Gemeinde. Das. War. So. Toll.

Der normale Wahnsinn mit Arztterminen, Therapiesitzungen, Bürokratie etc. rund um alle Bedarfe von Sohn 02 lief natürlich 2022 auch wieder auf Hochtouren. Bei aller Kraft, die das beständig kostet, sind wir ziemlich dankbar: Kein längerer Krankenhausaufenthalt war nötig, es gab keine komplett neuen „Baustellen“ oder Hiobsbotschaften – das sind wir gar nicht mehr gewöhnt. 😉 Vielen Dank an alle, die sich mit uns um Sohne 02 sorgen und kümmern. Es ist so spannend, ihn auf seiner Entwicklungsreise begleiten zu dürfen und immer mehr zu entdecken, was für ein cooler Kerl er ist!

Im April 2022 ist meine Mutter verstorben. Der dritten Krebserkrankung ist sie am Ende erlegen – und so sehr wir sie vermissen, glauben wir fest, dass es ihr bei Gott jetzt richtig gut geht und alle Krankheiten und Gebrechen keine Rolle mehr spielen. Und wir uns dort wiedersehen irgendwann.

Viel ist im Bereich Autor-Sein in 2022 nicht gelaufen – aber so dies und das durfte dann doch erschienen. Macht mich sehr dankbar, dass Menschen was lesen, was ich mir so gedacht habe und dass es ihnen manchmal sogar was sagt.

Auf der Arbeit gabs Chefwechsel in diesem Jahr. Vielen Dank für allen Einsatz für das Anliegen der Marburger Medien an die Ex-Vorstände Frieder Trommer und Michael Stöckmann. Nicht zuletzt auch dafür, dass sie mir die Position des Chefredakteurs zugetraut haben. Und herzlich willkommen Karsten Hüttmann und Steffen Marx. Ich bin gespannt, auf die gemeinsame Zeit mit euch!

2022 war ich ziemlich wenig unterwegs zu Gottesdiensten, Seminaren o. ä. – aber die paar Auswärtstermine, die ich zu solchen Anlässen hatte, warum rundherum gut. Ich mache das auch einfach ziemlich gerne. Ein bisschen mehr davon ist 2023 vielleicht auch wieder möglich.

Auch sonstiges Veranstaltung habe ich in 2022 wenige besucht. Die Veranstaltungen, bei denen ich dabei sein konnte, haben mich dafür um so mehr gefreut und auch bereichert. Z. B. MOVEO. Der christliche Medienkongress in Frankfurt. Gute Inputs, total spannende Leute getroffen, viele gute Gespräche geführt und völlig unerwarteterweise vom Nachhaltigkeitsmann der Deutschen Bank sehr berührt worden.

Im Herbst begann eine Weiterbildung, auf die ich mich länger gefreut habe: Weiterbildung „Journalismus“ an der „Freie Journalistenschule“. Das hilft mir hoffentlich, wahrscheinlich, bestimmt für meine Redaktionsarbeit, für Bloggen, Skripte als Dozent verfassen etc. – und erhöht den Schreibspaß. In diesem Jahr bin ich langsamer vorangekommen, als gehofft. 2023 soll die Sache fertig werden. Ich plane mich zu bemühen mich ran zuhalten. Wird schon.

Sohn 01 hat mir einen Adventskalender gebastelt. Ich bin tagelang dahingeschmolzen vor freudiger Rührung …

Ich durfte wieder mit deutlich mehr Menschen Kaffee trinken, als das noch in 2021 möglich war … und das mach’ ich voll gerne. Menschen treffen, rumspinnen, austauschen und natürlich auch Kaffee an sich ist schon super. Das darf 2023 gerne noch mehr werden. Also mehr Menschen treffen, mehr Gemeinschaft … und das abseits von Kaffee, alternativ auch zu Whisky, Wandern, Grillen und so was. Bis bald also.

Meine Ziele für 2023

  • 30 Bücher lesen.
  • Auf Familien-Reha gehen.
  • 100 Blogartikel veröffentlichen.
  • Einen neuen Podcast produzieren.
  • Ein neues Buch schreiben.
  • Meine Journalisten-Weiterbildung abschließen.
  • Mein Motto für 2023 lautet: Reserven aufbauen und bei allem Tun stets noch etwas in dieser haben.

Und bei dir?

Wie war dein Jahr 2022? Wann und wo treffen wir uns in 2023? Was könnten wir nächstes Jahr schönes, lustiges und hilfreiches zusammen aushecken?

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