10.000 Schritte und kein Kaffee

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10.000 Schritte oder doch Kaffee? - Heiko Metz

Es begann als unschuldiger Spaziergang. Ein Tag in der Großstadt, ein wenig Kultur, ein paar Buchläden, zwischendurch ein Kaffeehaus mit plüschigen Sesseln und dem Duft von gerösteten Bohnen in der Luft. Perfekt. Doch dann meldete sie sich – meine Smartwatch.

Noch 4.356 Schritte bis zum Tagesziel!

Ach ja, die 10.000 Schritte Regel. Dieses eiserne Gesetz, das sich unausweichlich in unser kollektives Bewusstsein geschlichen hat, als wäre es von Gott selbst mit feurigem Finger auf digitale Steintafeln geschrieben worden. Dabei stammt die Zahl nicht aus irgendeiner wissenschaftlichen Studie, sondern aus einer cleveren Werbekampagne der 1960er Jahre in Japan. Ein Schrittzähler namens „Manpo-kei“ – übersetzt: „10.000-Schritt-Zähler“ – wurde vermarktet, und die Zahl blieb haften. Wie ein Ohrwurm, der nie wieder aus dem Kopf geht: 10.000 Schritte.

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Nun also hetze ich durch die Stadt, stets mit dem subtilen Tadel am Handgelenk. Der Kaffee? Unmöglich. Der perfekte Buchladen? Gerade entdeckt, aber kaum bin ich eingetreten, vibriert es schon wieder.

Noch 2.107 Schritte!

„Einmal quer durch den Laden gehen zählt doch auch als Bewegung!“, versuche ich mich herauszureden. Aber nein, meine Uhr akzeptiert keine bibliophile Schlenderei. Erst recht nicht das genüssliche Blättern zwischen Neuerscheinungen und alten Klassikern. Ich seufze, lasse die Bücher zurück, trete auf die Straße und marschiere weiter.

Bewegung ist gut. Sie bringt uns in Schwung – körperlich, emotional, geistlich. Stillstand ist selten eine Lösung. Doch ist Bewegung immer dann gut, wenn sie befohlen wird? Wenn sie nicht aus eigenem Antrieb geschieht, sondern durch blinkende Zahlen und vibrierende Armbänder? Ist es Bewegung, wenn ich mich nur bewege, weil ein Algorithmus es will?

Ich bleibe stehen. Einmal bewusst. Ohne Grund. Ohne schlechtes Gewissen. Dann drehe ich um, zurück zum Café. Ich bestelle einen doppelten Espresso. Die Uhr vibriert erneut.

Noch 895 Schritte!

„Ach, halt die Klappe“, murmele ich und schalte die Benachrichtigungen aus. Dann schlage ich mein neu erworbenes Buch auf. Vielleicht sollte meine Smartwatch Cafés und Buchläden zählen. Mich gezielt dorthin treiben, statt mich in sinnlose Runden um den Block zu schicken. Bewegung und Pause in perfektem Gleichgewicht. Das wäre mal eine kluge Funktion.

Vielleicht denke ich während ich den ersten Schluck Kaffee nehme, sollte ich dafür eine Petition starten. Oder noch besser: einfach sitzen bleiben.

PS: Ich mag meine Smartwatch, weil sie tatsächlich bei vielen Dingen des Alltags hilft. Und ja: Sie bringt mich auch dazu, mich mehr zu bewegen. Oft sogar wirklich 10.000 Schritte. Aber manchmal sind eben andere Dinge wichtiger. Und wer zu unterscheiden vermag, wann das eine und wann das andere wirklich wichtig ist, der ist auf einem guten Weg (und das ganz ohne Schrittezählen).

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Bilder: Dall-E, Canva, Privat.

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