Und führe uns nicht in Versuchung – Wenn du dich selbst verlierst

Kategorisiert in Alltagsmystik, Beten
Mitten im Leben gebetet: das Vaterunser – Heiko Metz


Es gibt Zeiten, da bist du irgendwie neben dir.
Funktionierst – aber fühlst dich innerlich leer.
Du verstrickst dich in Muster, die dir nicht guttun.
Sagst Ja, obwohl du Nein meinst.
Vergleichst dich. Optimierst dich.
Und plötzlich merkst du:
Ich bin mir selbst abhandengekommen.

Dann spricht das Vaterunser (hier kannst du den ganzen Text des Gebets lesen) in genau diese Erfahrung hinein:
Und führe uns nicht in Versuchung.“

Ein Satz, der keine Angst macht –
sondern wachruft.
Der dich zurückholt.
Ins Jetzt.
Zu dir.

Das Vaterunser

nach Matthäus 6,9-13 in der Elberfelder Übersetzung.

Unser Vater, der du bist in den Himmeln, geheiligt werde dein Name;
dein Reich komme; dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auch auf Erden! 
Unser tägliches Brot gib uns heute; 
und vergib uns unsere Schulden, wie auch wir unseren Schuldnern vergeben haben; 
und führe uns nicht in Versuchung, sondern rette uns von dem Bösen!

Versuchung: subtil, leise – und entfremdend

Versuchung ist selten das offensichtliche Stück Torte zu viel.
Sie kommt nicht mit Donner und Blitz.
Sie wirkt still – und gerade deshalb so wirksam.

Versuchung beginnt dort, wo du dich von dir selbst entfremdest.
Wo du spürst: Ich bin nicht mehr ganz bei mir.
Ich tue Dinge, die mir nicht guttun.
Ich funktioniere – aber ich lebe nicht mehr.

Der Soziologe Hartmut Rosa nennt hier z. B. die gesellschaftliche Logik der ständigen Beschleunigung:
Immer mehr, immer schneller, immer weiter.
Auch in der Seele.
Wir jagen Reichweite, Bestätigung, Sichtbarkeit.
Wir wollen mithalten, gefallen, dazugehören.

Aber diese Dynamik hat einen Preis: Entfremdung.
Von dir selbst.
Von deinem tiefen inneren Kompass.
Von Gott.
Und damit: vom guten Leben.

Versuchung ist subtil.
Sie sagt: Mach weiter.
Sie flüstert: Alle anderen schaffen es doch auch.
Und während du noch rennst, merkst du nicht,
dass du dich selbst zurücklässt.

Gott führt nicht in Versuchung – sondern in Resonanz

Und führe uns nicht in Versuchung“ – das ist keine Angstformel.
Sondern ein Vertrauenssatz.

Denn Gott ist kein Versucher.
Er ist kein Spieler mit deinem Gewissen.
Er ist kein Tester, der sehen will, ob du fällst.

Gott führt anders:
Sanft. Zart.
Nicht in Überforderung, sondern in Beziehung.
Nicht in Enge, sondern in Weite.

Wenn wir diesen Satz beten, sagen wir:
Gott, bewahre mich davor, mich selbst zu verlieren.
Zeig mir den Weg zurück – zu dem, was mir guttut.
Zu dem, was Leben wirklich meint.

Rosa spricht hier von Resonanz – von echtem Kontakt.
Von einer Welt, in der du wieder etwas spürst.
Von Beziehung statt Beschleunigung.

Genau dorthin will Gott dich führen:
In Verbindung mit dir.
In Beziehung zu anderen.
In Einklang mit dem, was dich nährt.
Und mit IHM – dem Herzschlag hinter allem.

Alltagsmystik: Versuchung erkennen – und unterbrechen

Versuchung beginnt oft leise.
Ein Gedanke. Ein Griff zum Handy. Eine alte Gewohnheit.

Alltagsmystik heißt: hinsehen.
Wach werden.
Üben, achtsam zu sein –
für das, was dich von dir wegführt.
Und für das, was dich zu dir zurückholt.

Vielleicht spürst du es körperlich:
Unruhe. Enge.
Vielleicht kommt ein Gefühl von Getrieben-Sein.
Dann ist es Zeit, kurz innezuhalten.

Und zu fragen:
Ist das, was ich gerade tue, wirklich gut für mich?
Hilft es mir zu leben? Oder lenkt es mich ab vom Wesentlichen?

🧭 Ritual: Der innere Richtungswechsel

Halte für einen Moment inne.
Leg beide Hände auf dein Herz.
Atme drei Mal langsam ein und aus.

Sprich dann innerlich:
„Gott, zeig mir, was mich gerade wegführt – und was mich zurückbringt.“

Dann nimm einen Stift und schreibe zwei Spalten auf:
Links: Was bringt mich aus der Spur?
Rechts: Was führt mich zurück zu mir – und zu dir?

Du musst nichts bewerten.
Nur hinschauen.
Und Gott bitten, dich zu leiten.
Weg von dem, was dich erschöpft.
Hin zu dem, was dich stärkt.

Eine Einladung

Vielleicht hast du dich in letzter Zeit verloren.
In zu viel. In zu schnell. In zu laut.

Dann ist dieser Satz für dich:
Und führe uns nicht in Versuchung.

Nicht als Warnung.
Sondern als Einladung:
Zur Rückkehr.
Zur Klarheit.
Zu dir. Und zu Gott.

So geht’s weiter im Vaterunser:

Das war spannend? Dann lies mal DAS hier:

Bilder: Dall-E, Sora, Canva, Privat.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner