Es ist erstaunlich, wie oft wir täglich zur Tastatur greifen, ohne es zu merken. Wir tippen Nachrichten, kommentieren dies und das im Netz, schicken E-Mails, basteln an Präsentationen und Dokumenten. Und das Beste daran: Schreiben tut uns tatsächlich gut! Schauen wir uns mal an, warum es so wohltuend ist und wie wir das meiste aus dieser Kunst herausholen können – einer Kunst, die nur wir Menschen in dieser Form beherrschen.
Dieser Beitrag ist Teil der Blogparade „Dein Weg zum Journaling“ von Valeska Stein.
Mein Weg zum Journaling
Seine „volle Wirkung“ hat das Schreiben für mich auf meiner Reha in Form von „Journaling“ entfaltet. Und das kam so.
Eigentlich habe ich vor allem deswegen begonnen, mit einem Notizbuch durch die Klinik zu laufen, weil ich mir durch meinen Burn-out und seine Auswirkungen auf meine Konzentrations- und Merkfähigkeit einfach kaum was merken konnte. Also kamen alle Termine, To-dos etc. ins Notizbuch. Wenn ich jetzt noch immer daran gedacht hätte zur rechten ins Notizbuch reinzuschauen, wäre das richtig gut gewesen, aber auch so hat es mir schon enorm geholfen.
Nach und nach habe ich entdeckt, dass das Notizbuch aber noch deutlich mehr für mich tun kann. Ich kann ja nicht nur Fakten aufschreiben, die wichtig sind. Ich kann aufschreiben, was ich gerade getan oder erlebt habe – und wie es mir damit ging. Ich kann darin Dinge tracken, die ich gerne etablieren würde, weil sie hilfreich für mich sind. Ich kann festhalten, wofür ich dankbar bin – trotz aller Herausforderungen und dem Mist, durch den ich grade so durch muss. Therapienotizen finden darin genauso Platz wie Ergebnisse von Reflexionen oder Ideen/Einsichten, die mir im Gebet kommen.
Dafür ein einfaches Notizbuch (völlig undigital) zu nutzen und von Zeit zu Zeit zu checken: Wofür war ich diese Woche eigentlich so alles dankbar? Wobei habe ich mich gut gefühlt und wobei nicht – und warum eigentlich? Wovon hätte ich gerne mehr in meinem Leben und wovon weniger? – das hat mir sehr, sehr, sehr geholfen. Ganz langsam wieder Verbindung zu mir, meinen Gefühlen und Bedürfnissen aufzunehmen, z. B. Oder ganz langsam wieder etwas deutlich zu sehen, wo meine Perspektive auf Leben, Leistung, meine Verantwortung etc. schief und wenig hilfreich ist – und wie eine gute Veränderung aussehen könnte. Aus „therapeutischer“, aber auch aus göttlicher Perspektive.
So ist das Notizbuch und das – quasi ständige – Journaling zu meinem treuen Begleiter geworden.
Und es funktioniert weiterhin sehr gut für mich – auch wenn Konzentrations- und Merkfähigkeit schon wieder viel besser sind.
Aber warum funktioniert das eigentlich so gut?
Schreiben macht zufriedener und gesünder
Hast du schon mal daran gedacht, regelmäßig über deine Träume und Ziele zu schreiben? Vielleicht liegt genau darin der Schlüssel zu einem zufriedeneren Leben. In einer interessanten Studie haben kluge Köpfe untersucht, wie sich das Schreiben über vergangene Schrecken im Vergleich zum Schreiben über eine strahlende Zukunft auswirkt.
Es stellte sich heraus, dass beide Wege durchaus positive Effekte haben, aber ein wichtiger Unterschied bleibt: Die Beschäftigung mit den eigenen Zukunftsplänen, und sei es nur für 20 Minuten am Tag, hat das Wohlbefinden erheblich gesteigert, ohne die Schatten der Vergangenheit heraufzubeschwören. Also, warum immer nur rückwärtsgewandt denken, wenn es nach vorne doch so viel heller aussieht?
Und das Schreiben über deine Ziele darf ruhig öffentlich sein! Eine Forscherin namens Dr. Alice Flaherty hat herausgefunden, dass das Schreiben im Internet unser Hirn mit einem Schuss Dopamin belohnt, ähnlich wie es beim Hören von Musik oder beim Betrachten eines schönen Bildes passiert.
Wer also seine Gedanken ins Netz streut, kann dieselben guten Effekte erzielen wie beim privaten Tagebuchschreiben, mit dem Bonus, dass man vielleicht auch noch Lob und Zuspruch von anderen erhält. Das klingt nach einem ziemlich fairen Tausch, oder?
Schreiben stärkt das Gemüt
Wenn dir das Leben mal wieder einen Dämpfer verpasst hat, kann das Schreiben Wunder wirken. Eine Untersuchung, die sich mit gerade arbeitslos gewordenen Ingenieuren befasste, zeigte, dass diejenigen, die ihre Sorgen und Nöte zu Papier brachten, schneller wieder auf die Beine kamen.
Adam Grant, ein Psychologe, hat das treffend zusammengefasst: Die Ingenieure, die über ihren Jobverlust schrieben, waren weniger wütend und verbittert, tranken weniger und fanden schneller wieder eine neue Anstellung. Schreiben hilft also nicht nur dabei, das seelische Gleichgewicht wiederzufinden, sondern kann sogar die praktischen Probleme des Lebens lindern. Ob man nun vor einer persönlichen Krise steht oder die Laune im Keller ist – wer sich die Zeit nimmt, über seine Schwierigkeiten zu schreiben, gibt sich selbst die Chance, schneller und gestärkt zurückzukehren.
Schreiben weckt Dankbarkeit
Dankbarkeit ist nicht nur ein wohliges Gefühl, sondern ein echter Gesundheitsschub. Wer es schafft, sich regelmäßig die Zeit zu nehmen, die guten Dinge des Lebens niederzuschreiben, wird bald merken, wie viel positiver und motivierter man in die Zukunft blickt. Wir Menschen neigen leider dazu, uns über das zu ärgern, was schiefläuft. Deshalb ist es ein guter Gegentrend, sich hin und wieder bewusst zu machen, wofür man dankbar sein kann.
Noch besser wird es, wenn man nicht nur für sich selbst schreibt, sondern auch mal dem einen oder anderen Menschen ein Dankeschön zukommen lässt. Diese kleine Geste stärkt nicht nur das eigene Wohlbefinden, sondern vertieft auch die Beziehungen zu den Menschen, die einem am Herzen liegen – und das ist doch auch etwas wert, oder?
Schreiben schärft den Verstand
Es mag auf der Hand liegen, aber das regelmäßige Schreiben hilft uns dabei, klarer zu denken und komplexe Gedanken verständlicher auszudrücken. Wer hat nicht schon mal versucht, etwas zu erklären, das im Kopf ganz einfach schien, aber dann in Worten doch irgendwie schief lief? Schreiben ist eine hervorragende Übung, um das Chaos im Kopf zu ordnen und so auszudrücken, dass auch andere es verstehen.
Das Schreiben zwingt uns, unsere Gedanken zu strukturieren und in übersichtliche Portionen zu zerlegen. Dieser Prozess hilft nicht nur anderen, uns besser zu verstehen, sondern klärt auch unsere eigenen Gedanken. Ob du nun versuchst, eine mathematische Formel zu erklären, einen Arbeitsablauf zu beschreiben oder deine Gefühle in Worte zu fassen – regelmäßiges Schreiben trainiert das Gehirn und macht uns zu besseren Kommunikatoren.
Dieses verbesserte Ausdrucksvermögen beschränkt sich übrigens nicht nur auf das Schreiben selbst. Es hilft auch in Gesprächen, bei denen wir versuchen, unsere Gedanken klar und deutlich zu vermitteln. Also, wenn du das nächste Mal über eine knifflige Idee brütest oder Schwierigkeiten hast, etwas auf den Punkt zu bringen – schreib es auf! Du wirst staunen, wie schnell sich der Knoten im Kopf löst.
Und du?
Wer weiß, vielleicht entwickelst du dabei sogar eine kleine Schreibgewohnheit – die perfekte Grundlage für ein Leben, das zufriedener, gesünder, widerstandsfähiger, dankbarer und kommunikativer ist. Was gibt es da noch zu überlegen?
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Burn-out als Vater: Wie mich die Verantwortung in die Erschöpfung führte und was ich daraus gelernt habe
Mein Burn-out als Vater eines Kindes mit Kabuki-Syndrom. Wie das Leben uns herausfordert und was wir durch den Zusammenbruch gelernt haben.
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Meine Liste von Veröffentlichungen. Artikel, Bücher und allesSchriftliche, was über meinen Blog hinausgeht …
Leben mit einem behinderten Kind: Herausforderungen, Erschöpfung und neue Hoffnung
Das Leben mit einem behinderten Kind stellt Familien vor besondere Herausforderungen: Diagnose, Überforderung, Burn-out und neue Hoffnung.
Bilder: Dall-E, Canva.
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