Burn-out – ein Begriff, der in unserer schnelllebigen und anspruchsvollen Welt immer häufiger zu hören ist. Aber was genau bedeutet Burn-out und woran kann ich erkennen, ob ich gefährdet oder gar betroffen bin?
Herbert Freudenberger und die Erfindung des Burn-out
Wer heute von Burn-out spricht, kann davon ausgehen, dass seine Zuhörer:innen ihn verstehen. Dabei ist diese Beschreibung für einen tiefen Zustand von Müdigkeit und Kraftlosigkeit noch gar nicht so alt. Umstritten ist dazu bis heute auch noch.
Der amerikanische Psychologe Herbert Freudenberger prägte den Begriff „Burn-out“ in den 1970er-Jahren, als er entsprechende Symptome und Auswirkungen bei sich selbst und seinen Kollegen beobachtete. Freudenberger definierte Burn-out als einen Zustand emotionaler, körperlicher und geistiger Erschöpfung, der durch lang anhaltenden Stress und Überforderung hervorgerufen wird.
Was ist Burn-out?
Burn-out ist also viel mehr als nur Müdigkeit oder Erschöpfung. Es beschreibt einen tiefgreifenden Zustand, der alle Lebensbereiche beeinflussen kann. Menschen im Burn-out fühlen sich oft ausgebrannt, unfähig, sich zu erholen, und verlieren die Freude an Aktivitäten, die ihnen einst Spaß gemacht haben.
Freudenberger identifizierte aus seiner Beobachtung heraus zwölf Phasen, die diesen Zustand charakterisieren und einen möglichen Verlauf zeigen. Dabei ist dies keine medizinisch festgelegte Definition, oder der einzig mögliche Verlauf. Die Phasen können ineinander übergehen, verschieden intensiv sein oder auch in anderer Reihenfolge vorkommen. Also alles nicht wahnsinnig präzise.
Trotzdem sind Modelle, wie das von Freudenberger hilfreich, weil sie Menschen zu einer fundierten Selbsteinschätzung verhelfen können. Wenn du dich also fragst, ob du selbst, oder eine dir nahestehende Person evtl. von Burn-out betroffen ist, kann ein Modell zur Reflexion darüber helfen. So lassen sich Symptome besser einordnen, der Schweregrad abschätzen und die Entscheidung sich Hilfe zu holen, wird untermauert. Alles wichtige Sachen.
Wer schreibt hier und warum?
Mich persönlich hat die Diagnose Burn-out im Juli 2023 total umgehauen. Mein Weg aus der totalen Erschöpfung heraus dauert seitdem an und ist heute (Juli 2024) noch lange nicht abgeschlossen.
Ich wäre aus heutiger Sicht ziemlich froh gewesen, schon viel früher viel mehr über die Entwicklung von Burn-out, die entsprechenden Symptome zu wissen und hoffe, ich hätte so früher handeln können, und nicht so tief in den Burn-out rutschen müssen.
Die 12 Burn-out-Phasen nach Freudenberger

01 Zwang, sich zu beweisen
Die erste Phase ist geprägt von einem starken Zwang, sich zu beweisen. Das kann der Auftakt zu einem Teufelskreis sein (und das ist ja nie gut), der allmählich in die vollständige Erschöpfung führt. Hier sind einige mögliche Merkmale dieser Phase:
- Übermäßiger Ehrgeiz: Menschen in dieser Phase zeigen einen übertriebenen Ehrgeiz und haben das Bedürfnis, sich und anderen ständig ihren Wert zu beweisen. Dieser Drang kann aus dem Wunsch resultieren, Anerkennung zu erhalten, Karriereziele zu erreichen oder persönliche Unsicherheiten zu kompensieren.
- Perfektionismus: Der Anspruch, alles perfekt zu machen, kann sich verstärken. Betroffene setzen sich unrealistisch hohe Ziele und haben das Gefühl, dass sie nie genug schaffen können, um diesen Ansprüchen gerecht zu werden.
- Unfähigkeit, „Nein“ zu sagen: In dieser Phase fällt es Betroffenen schwer, Aufgaben abzulehnen. Sie übernehmen immer mehr Verantwortung, oft aus Angst, als schwach oder unfähig wahrgenommen zu werden. Dies führt zu einer stetigen Überlastung und einem immer dichter werdenden Arbeitspensum.
Sounds familiar? Ich fürchte ja, dass diese Beschreibung auf viele Menschen zutrifft, was diese erste Burn-out-Phase schwer erkennbar macht. Auf mich traf sie definitiv zu. Und das für einige Zeit und ohne, dass ich das selbst irgendwie als problematisch wahrgenommen hätte. Im Gegenteil: ich galt gemeinhin als besonders engagiert und effizient.
Doch dieser Zwang, sich ständig zu beweisen, kann schnell in eine gefährliche Überlastung münden, die ohne rechtzeitiges Eingreifen in die tieferen und problematischeren Phasen des Burn-outs führt. Es ist wichtig, frühzeitig auf diese Anzeichen zu achten und entsprechende Maßnahmen zur Selbstfürsorge zu ergreifen.
Genau das habe ich leider nicht getan Den Teufelskreis hats gefreut. Der durfte loslegen.
02 Verstärkter Einsatz
Bei dieser Phase handelt es sich um eine Reaktion auf den anfänglichen Druck und die hohen Erwartungen, die man an sich selbst stellt – was zu einer noch intensiveren und dann oft ungesunden Erhöhung des Arbeitseinsatzes führt.
- Noch mehr Einsatz: In dieser Phase versuchen Betroffene, ihre hohen Ziele und Erwartungen zu erfüllen, indem sie noch mehr Arbeit und Zeit investieren. Sie glauben, dass sie nur durch erhöhte Anstrengungen erfolgreich sein können.
- Erhöhte Arbeitsstunden: Die Arbeitsstunden werden verlängert. Überstunden und Wochenendarbeit werden zur Norm, oft ohne dafür einen Ausgleich zu nehmen. Pausen und Erholungszeiten werden weiter reduziert oder ganz ignoriert.
- Vernachlässigung sozialer Kontakte: Der verstärkte Arbeitseinsatz führt häufig dazu, dass soziale Kontakte zu Familie und Freunden vernachlässigt werden. Freizeitaktivitäten und Hobbys werden zugunsten der Arbeit aufgegeben.
- Unfähigkeit, abzuschalten: Auch außerhalb der Arbeitszeit können Betroffene nicht abschalten. Gedanken an die Arbeit und anstehende Aufgaben dominieren das Denken, was zu einem ständigen Gefühl der Anspannung führt.
- Perfektionismus und Kontrolle: Der Drang nach Perfektion und die Kontrolle über alle Aspekte der Arbeit nehmen zu. Es wird immer schwieriger, Aufgaben zu delegieren, weil das Vertrauen in die Fähigkeiten anderer abnimmt.
- Physische und psychische Anzeichen: Erste physische und psychische Anzeichen von Überlastung können auftreten, wie Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Magenprobleme oder ständige Gereiztheit. Diese Warnsignale werden jedoch oft ignoriert oder heruntergespielt.
Hier werden die ersten klaren Anzeichen von Überlastung und Vernachlässigung persönlicher Bedürfnisse sichtbar. Es ist entscheidend, diese Signale ernst zu nehmen und Maßnahmen zur Stressbewältigung zu ergreifen, um den Übergang in die nächsten, noch schwerwiegenderen Phasen zu verhindern.
Spannend ist an dieser Phase aus meinem Erleben vor allem, dass der vermehrte Einsatz erst mal funktioniert. Wenn ich mehr Zeit einsetze und mir noch mehr Druck mache, dann kriege ich auch noch ein bisschen mehr Leistung aus mir rausgekitzelt. Und die Rückmeldungen der anderen waren wieder im Schwerpunkt positiv. „Du hängst dich aber echt rein. Respekt!“.
Leider ist das ziemlich fatal, weil es mich auf ein Gleis gesetzt hat, von dem ich irgendwann nicht mehr runter kam. Denn die Möglichkeiten, die Arbeit zeitlich auszudehnen oder den Druck immer noch etwas weiter zu erhöhen, sind dann halt doch begrenzt. Und gleichzeitig steht mehr Arbeit der Erholung und neuer Kraft, Energie, Kreativität etc. auf Dauer ziemlich im Weg. Habe ich aber leider viel zu spät bemerkt, dass das so ist. VIEL zu spät.
03 Vernachlässigung eigener Bedürfnisse
Nun beginnt sich das Verhalten und die Einstellung der Betroffenen signifikant zu verändern. Diese Phase ist gekennzeichnet durch zunehmende Ignoranz gegenüber grundlegender Selbstfürsorge, was zu einer weiteren Verschlechterung des physischen und psychischen Wohlbefindens führt.
- Vernachlässigung von Ernährung und Schlaf: Die Wichtigkeit einer ausgewogenen Ernährung und ausreichendem Schlaf wird heruntergespielt. Betroffene greifen häufiger zu ungesunden Nahrungsmitteln, Fast Food oder essen gar nicht regelmäßig. Schlafmangel wird zur Norm, da Arbeit und Verpflichtungen Priorität haben.
- Reduktion von Freizeitaktivitäten: Aktivitäten, die einst Freude bereiteten und zur Entspannung dienten, werden aufgegeben. Hobbys, Sport und soziale Treffen werden als Zeitverschwendung betrachtet, da der Fokus ausschließlich auf der Arbeit liegt.
- Missachtung von Warnsignalen: Physische und psychische Warnsignale wie chronische Müdigkeit, Kopfschmerzen, Magenprobleme und gereizte Stimmung werden ignoriert. Betroffene nehmen diese Symptome oft nicht ernst und setzen ihren übermäßigen Einsatz fort.
- Verminderte Fähigkeit zur Entspannung: Selbst in der Freizeit können sich Betroffene nicht entspannen. Gedanken an die Arbeit dominieren, und es fällt schwer, abzuschalten. Dies führt zu einem permanenten Gefühl der Anspannung und Rastlosigkeit.
- Isolierung: Kontakte zu Freunden und Familie werden weiter reduziert. Soziale Interaktionen werden vermieden, da sie als zusätzliche Belastung empfunden werden. Es entsteht eine zunehmende Isolation.
- Verlust von Effizienz und Produktivität: Ironischerweise führt die Vernachlässigung eigener Bedürfnisse zu einer Abnahme der Effizienz und Produktivität. Fehler häufen sich, und die Arbeit wird weniger zufriedenstellend erledigt, was den Stress weiter verstärkt.
Hier wird deutlich, dass der Weg, den die Betroffenen eingeschlagen haben, nicht nur ihre psychische, sondern auch ihre physische Gesundheit gefährdet. Es ist entscheidend, in dieser Phase innezuhalten und sich auf Selbstfürsorge zu besinnen.
Und gleichzeitig – so habe ich das erlebt – ist das soooo schwer. Einfach regelmäßig Schmerztabletten gegen Kopfschmerzen einzuwerfen, schien mir so normal. Und sah definitiv leichter aus, als sich damit auseinanderzusetzen, was evtl. falsch läuft …
04 Verdrängung von Konflikten
Im Verlauf verschärfen sich die Anzeichen der Überlastung. Anstatt sich mit den aufkommenden Problemen auseinanderzusetzen, neigen Betroffene dazu, diese zu ignorieren oder zu leugnen. Dies führt zu einer weiteren Verschärfung der Situation und verstärkt die bereits vorhandenen Stresssymptome.
- Leugnung von Problemen: Betroffene leugnen die Existenz von Problemen und Schwierigkeiten. Sie minimieren oder ignorieren Konflikte und Herausforderungen, sowohl im beruflichen als auch im privaten Bereich.
- Vermeidung von Konfrontationen: Um Konflikte zu vermeiden, gehen Betroffene Konfrontationen aus dem Weg. Sie sprechen Probleme nicht an und meiden Situationen, die unangenehm sein könnten.
- Zynismus und Gereiztheit: Es entwickelt sich ein zunehmender Zynismus gegenüber der Arbeit und den Kollegen. Gereiztheit und Ungeduld nehmen zu, und es fällt schwer, positive Aspekte zu erkennen.
- Innere Anspannung: Die Verdrängung von Konflikten führt zu einer ständigen inneren Anspannung. Diese Anspannung manifestiert sich in körperlichen Symptomen wie Kopfschmerzen, Verspannungen und Magenproblemen.
- Rückzug: Betroffene ziehen sich immer weiter zurück, sowohl emotional als auch sozial. Der Kontakt zu Freunden und Familie wird weiter reduziert, und es entsteht ein Gefühl der Isolation.
- Selbstzweifel: Trotz des äußeren Leugnens wachsen die inneren Selbstzweifel. Betroffene fragen sich, ob sie den Anforderungen wirklich gewachsen sind und ob sie ihre Aufgaben überhaupt bewältigen können.
Es ist entscheidend, in dieser Phase Hilfe zu suchen und die Probleme aktiv anzugehen. Offene Gespräche, sowohl im beruflichen als auch im privaten Umfeld, sowie professionelle Unterstützung können helfen, den Teufelskreis zu durchbrechen und den Weg zur Erholung zu finden.
05 Umdeutung von Werten
In der fünften Phase des Burn-outs nach Freudenberger kommt es zur Umdeutung von Werten. Diese Phase ist gekennzeichnet durch eine deutliche Verschiebung der Prioritäten und Werte, die das Leben und die Arbeit der Betroffenen bislang bestimmt haben. Diese Veränderungen führen zu einem zunehmenden Verlust von Motivation und Sinnhaftigkeit im Alltag.
- Verlust des Idealismus: Der ursprüngliche Idealismus und die Leidenschaft für die Arbeit gehen verloren. Die anfängliche Begeisterung und Hingabe weichen einem Gefühl der Ernüchterung und Sinnlosigkeit.
- Veränderung der Grundwerte: Werte und Überzeugungen, die früher eine wichtige Rolle gespielt haben, verlieren an Bedeutung. Aspekte wie Qualität der Arbeit, Integrität und persönliche Erfüllung treten in den Hintergrund.
- Pragmatismus und Zynismus: Ein zunehmender Pragmatismus und Zynismus prägen das Denken und Handeln. Betroffene werden oft zynisch gegenüber ihrem Job, ihren Kollegen und den Zielen der Organisation.
- Reduzierte soziale Interaktionen: Die sozialen Kontakte und Beziehungen, die früher gepflegt wurden, werden weiter vernachlässigt. Die Isolation vertieft sich, und die emotionalen Verbindungen zu anderen Menschen schwächen sich ab.
- Verlust von Kreativität und Innovation: Die Kreativität und Innovationskraft nehmen ab. Betroffene fühlen sich ausgebrannt und unfähig, neue Ideen zu entwickeln oder Probleme kreativ zu lösen.
- Verminderte Lebensfreude: Die allgemeine Lebensfreude und das Interesse an persönlichen Hobbys und Aktivitäten gehen weiter verloren. Es entsteht ein Gefühl der Gleichgültigkeit und inneren Leere.
Die Verleugnung der Probleme ist eine gefährliche Phase im Burn-out-Prozess. Das Ignorieren und Herunterspielen der Symptome führt zu einer Verschärfung der Situation und erhöht die Gefahr eines vollständigen Zusammenbruchs. Es ist wichtig, in dieser Phase Unterstützung zu suchen und die eigenen Probleme anzuerkennen. Professionelle Hilfe, offene Gespräche und der Versuch, soziale Kontakte wieder zu intensivieren, können helfen, den Weg aus dieser belastenden Phase zu finden.
Wie wichtig die Unterstützung von außen ist, ist mir erst im Nachhinein deutlich. Im Verlauf dieser Burn-out-Phasen fiel meine Welt so sehr in sich zusammen und war so auf Durchhalten fokussiert, dass ich selbst auf die Idee mir Unterstützung zu suchen zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr gekommen wäre.
06 Verleugnung der Probleme
Diese sechste Phase ist geprägt von einer verstärkten Abwehrhaltung gegenüber den eigenen Schwierigkeiten und einer zunehmenden Isolation. Betroffene versuchen, ihre Probleme zu ignorieren oder herunterzuspielen, was die Situation weiter verschärft.
- Leugnen der Überlastung: Betroffene gestehen sich nicht ein, dass sie überlastet sind. Sie neigen dazu, die Anzeichen von Erschöpfung und Stress zu ignorieren und so zu tun, als sei alles in Ordnung.
- Bagatellisieren der Symptome: Die körperlichen und psychischen Symptome des Burn-outs werden als unbedeutend oder vorübergehend abgetan. Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit und Reizbarkeit werden heruntergespielt.
- Zynismus und Pessimismus: Ein zynischer und pessimistischer Blick auf die Arbeit und das Leben im Allgemeinen entwickelt sich. Betroffene neigen dazu, alles negativ zu sehen und verlieren den Glauben an positive Veränderungen.
- Verminderte Leistungsfähigkeit: Die Leistungsfähigkeit nimmt weiter ab, was die Betroffenen jedoch nicht wahrhaben wollen. Fehler häufen sich, und die Qualität der Arbeit leidet, was zusätzlichen Stress verursacht.
- Erhöhte Konfliktbereitschaft: In dieser Phase steigt die Konfliktbereitschaft. Kleine Missverständnisse und Meinungsverschiedenheiten führen zu größeren Auseinandersetzungen, da Betroffene gereizt und defensiv reagieren.
- Rückzug und Isolation: Der Rückzug von sozialen Kontakten verstärkt sich. Betroffene vermeiden soziale Interaktionen und isolieren sich zunehmend, was die emotionale Belastung weiter erhöht.
Das Ignorieren und Herunterspielen der Symptome führt zu einer Verschärfung der Situation und erhöht die Gefahr eines vollständigen Zusammenbruchs. Hier zeigt sich die Bedeutung des Wortes „Teufelskreis“ recht gut.
07 Rückzug
In der siebten Phase des Burn-outs nach Freudenberger tritt der Rückzug in den Vordergrund. Betroffene isolieren sich immer weiter von ihrem sozialen Umfeld und meiden soziale Interaktionen, was die innere Leere und Einsamkeit verstärkt.
- Soziale Isolation: Betroffene ziehen sich von sozialen Kontakten zurück, vermeiden Treffen mit Freunden und Familie und nehmen weniger an sozialen Aktivitäten teil. Der Kontakt zu Kollegen wird auf das Nötigste reduziert.
- Emotionale Abkapselung: Es kommt zu einer emotionalen Abkapselung. Betroffene haben Schwierigkeiten, ihre Gefühle zu zeigen oder auszudrücken, und fühlen sich innerlich leer und isoliert.
- Verlust von Empathie: Die Fähigkeit zur Empathie nimmt ab. Betroffene haben Schwierigkeiten, sich in andere Menschen hineinzuversetzen oder Mitgefühl zu empfinden, was die sozialen Beziehungen weiter belastet.
- Verlust von Freude: Aktivitäten, die früher Freude bereitet haben, verlieren ihren Reiz. Hobbys und Freizeitaktivitäten werden aufgegeben, da sie als anstrengend oder sinnlos empfunden werden.
- Verminderte Leistungsfähigkeit: Die Leistungsfähigkeit sinkt weiter, da die emotionale und soziale Isolation die Motivation und Konzentration beeinträchtigt. Betroffene fühlen sich oft erschöpft und unfähig, ihre Aufgaben zu bewältigen.
- Selbstzweifel und Schuldgefühle: Selbstzweifel und Schuldgefühle nehmen zu. Betroffene fühlen sich schuldig, weil sie den Anforderungen nicht mehr gerecht werden, und zweifeln an ihrem eigenen Wert und ihren Fähigkeiten.
Das ist eine Phase, die selbst nicht so stark erlebt habe. Ich kann mich zwar gut erinnern, dass mich andere Menschen mehr und schneller genervt haben, als früher. Aber ein vollständiger Rückzug hat bei mir nie stattgefunden. Zum Glück. Gespräch mit guten Freunden und meiner Frau waren einer der Anker, die mir den Weg zurück auf dem Burn-out ermöglicht haben.
Professionelle Hilfe, soziale Unterstützung und das bewusste Wiederaufnehmen von Freizeitaktivitäten können in diesem Stadium helfen, den Weg aus dieser belastenden Phase zu finden und die emotionale Gesundheit zu stärken.
08 Veränderungen im Verhalten
Nun treten deutliche Veränderungen im Verhalten und Charakter der Betroffenen auf. Diese Verhaltensänderungen sind ein Zeichen der fortschreitenden inneren Erschöpfung und des zunehmenden Verlusts der Kontrolle über die eigenen Emotionen und Reaktionen.
- Erhöhte Reizbarkeit und Ungeduld: Betroffene werden zunehmend gereizt und ungeduldig. Kleine Unannehmlichkeiten oder Fehler können heftige Reaktionen hervorrufen. Die Toleranz gegenüber Stress und Belastungen nimmt ab.
- Aggressivität: In dieser Phase kann es zu aggressivem Verhalten kommen. Dies kann sich sowohl verbal als auch nonverbal äußern, sei es durch scharfe Worte, laute Diskussionen oder sogar körperliche Aggression.
- Rückzug in die Arbeit: Einige Betroffene ziehen sich noch tiefer in ihre Arbeit zurück, um sich von ihren Problemen abzulenken. Dies führt zu einer weiteren Vernachlässigung von sozialen Kontakten und persönlichen Bedürfnissen.
- Zynismus und Misstrauen: Zynismus und Misstrauen gegenüber Kollegen, Freunden und Familie nehmen zu. Betroffene haben Schwierigkeiten, positive Absichten oder Handlungen anderer zu erkennen und interpretieren vieles negativ.
- Verminderte Leistungsfähigkeit: Die Arbeitsleistung nimmt weiter ab. Fehler häufen sich, und es fällt schwer, Aufgaben konzentriert und effizient zu erledigen. Die Motivation sinkt erheblich.
- Gesundheitliche Beschwerden: Physische Beschwerden wie Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Magenprobleme können zunehmen. Der Körper reagiert auf die anhaltende psychische Belastung.
Die deutlichen Veränderungen im Verhalten und Charakter sind Anzeichen dafür, dass die innere Erschöpfung und der Stress ein gefährliches Maß erreicht haben. Es ist entscheidend, spätestens jetzt professionelle Hilfe zu suchen und Maßnahmen zur Stressbewältigung und Selbstfürsorge zu ergreifen.
Wenn ich daran denke, wie schnell ich – vor allem im Umgang mit meinen Jungs – zu der Zeit auf 180 war, wie sehr ich ihnen oft Unrecht getan habe, wie wenig ich noch für sie da war … Da zieht sich mir beim Schreiben direkt wieder der Magen zusammen. Grässlich. So will ich überhaupt nicht sein. Wollte ich nicht. Will ich nicht. Werde ich mit aller Kraft für die Zukunft verhindern.
09 Depersonalisation
In der neunten Phase erleben Betroffene eine starke Entfremdung von sich selbst und ihrer Umgebung. Dies ist gekennzeichnet durch ein Gefühl des Identitätsverlusts und eine emotionale Distanzierung von den eigenen Gedanken und Gefühlen.
- Gefühl der Entfremdung: Betroffene fühlen sich fremd in ihrer eigenen Haut. Sie erkennen sich selbst nicht wieder und fühlen sich von ihren eigenen Handlungen und Gefühlen distanziert.
- Automatisierung: Der Alltag wird mechanisch und automatisiert erledigt, ohne echte emotionale Beteiligung. Tätigkeiten werden wie Roboter ausgeführt, oft ohne Bewusstsein für das, was man tut.
- Verlust der Identität: Es entsteht ein Gefühl des Identitätsverlusts. Die Betroffenen wissen nicht mehr, wer sie sind oder was sie ausmacht. Die Verbindung zu den eigenen Werten und Überzeugungen ist stark gestört.
- Emotionale Taubheit: Emotionen werden kaum noch wahrgenommen oder ausgedrückt. Es entsteht eine emotionale Taubheit, die sowohl positive als auch negative Gefühle umfasst.
- Verminderte Empathie: Die Fähigkeit zur Empathie gegenüber anderen Menschen nimmt weiter ab. Betroffene haben Schwierigkeiten, sich in die Gefühle und Bedürfnisse anderer hineinzuversetzen.
- Dissoziation: In extremen Fällen kann es zu dissoziativen Zuständen kommen, in denen sich Betroffene von ihrem Körper oder ihrer Umgebung losgelöst fühlen.
Die Phase der Depersonalisation ist eine sehr ernste und belastende Stufe im Burn-out-Prozess. Die Entfremdung von sich selbst und der Verlust der eigenen Identität können zu einem tiefen Gefühl der inneren Leere und Isolation führen.
Mir geht zu dieser Phase ein Moment durch den Kopf. Ich war krank, hatte Erkältung, Fieber etc. und lag einen Tag flach. Danach war zumindest das Fieber futsch und ich habe mich wieder (bekloppterweise) an die Arbeit gemacht. Und ich hatte eine Erkenntnis, die damals leider keine Auswirkungen hatte: „Ich spüre eigentlich gar keinen Unterschied mehr zwischen ‚Ich habe Fieber‘ und ich ‚ich habe kein Fieber‘. Ich weiß gar nicht mehr, wie sich krank und fertig entgegen gesund und fit anfühlt.“ Da hätte ichs merken können, denke ich mir heute. Habe ich aber nicht.
10 Innere Leere
Hier erleben Betroffene ein tiefes Gefühl der inneren Leere und Sinnlosigkeit. Diese Phase ist geprägt durch das völlige Fehlen von Motivation, Begeisterung und Lebensfreude. Die Betroffenen fühlen sich ausgebrannt und emotional erschöpft.
- Gefühl der Sinnlosigkeit: Betroffene empfinden ihr Leben und ihre Arbeit als sinnlos. Die Ziele und Werte, die früher wichtig waren, haben ihre Bedeutung verloren. Es entsteht das Gefühl, dass nichts mehr einen Zweck hat.
- Emotionale Erschöpfung: Es tritt eine tiefgreifende emotionale Erschöpfung ein. Betroffene fühlen sich innerlich leer und ausgelaugt, unfähig, positive Gefühle wie Freude oder Begeisterung zu empfinden.
- Verlust der Lebensfreude: Aktivitäten, die früher Freude bereitet haben, erscheinen sinnlos und uninteressant. Es fällt schwer, sich für irgendetwas zu begeistern oder Motivation zu finden.
- Isolationsgefühl: Das Gefühl der Isolation verstärkt sich. Betroffene fühlen sich von der Welt abgeschnitten und haben den Eindruck, dass niemand ihre Situation versteht oder ihnen helfen kann.
- Tiefgreifende Hoffnungslosigkeit: Eine tiefgreifende Hoffnungslosigkeit setzt ein. Betroffene sehen keinen Ausweg aus ihrer Situation und glauben nicht daran, dass sich die Dinge jemals verbessern könnten.
- Passivität und Apathie: Die allgemeine Passivität und Apathie nehmen zu. Es fällt schwer, Entscheidungen zu treffen oder überhaupt zu handeln. Alles erscheint zu anstrengend und mühsam.
Diese Phase innerer Leere ist äußerst belastend. Das tiefgreifende Gefühl der Sinnlosigkeit und Hoffnungslosigkeit kann zu schweren psychischen Problemen führen, einschließlich Depressionen.
Ich kann das gar nicht wirklich beschreiben, wie sich Leere anfühlt. Aber es ist nicht schön. Gar nicht. Und es löst Hoffnung, Freude, Motivation und Kreativität (was immer davon noch übrig war), einfach auf. Wie in Luft. Und es bleibt einfach nur nichts.
11 Depression
In der elften Phase des Burn-outs nach Freudenberger treten Symptome einer schweren Depression in den Vordergrund. Diese Phase ist gekennzeichnet durch tiefe Verzweiflung, anhaltende Traurigkeit und das Gefühl völliger Hoffnungslosigkeit. Die Betroffenen sind oft nicht mehr in der Lage, ihre täglichen Aufgaben zu bewältigen und benötigen dringend professionelle Hilfe.
- Tiefgreifende Traurigkeit: Betroffene fühlen sich dauerhaft traurig und niedergeschlagen. Diese Gefühle sind allgegenwärtig und beeinträchtigen das gesamte Leben.
- Verlust des Interesses: Es besteht ein völliger Verlust des Interesses an Aktivitäten, die früher Freude bereitet haben. Hobbys, soziale Kontakte und selbst grundlegende tägliche Aufgaben erscheinen sinnlos und anstrengend.
- Schwere Müdigkeit und Erschöpfung: Eine überwältigende Müdigkeit und Erschöpfung treten auf. Betroffene fühlen sich ständig müde, selbst nach ausreichend Schlaf, und haben das Gefühl, keine Energie mehr zu haben.
- Gefühl der Wertlosigkeit: Es entsteht ein tiefes Gefühl der Wertlosigkeit und des Versagens. Betroffene zweifeln an ihrem Selbstwert und haben das Gefühl, nichts richtig machen zu können.
- Schlafstörungen: Schlafprobleme sind häufig, sei es in Form von Einschlafstörungen, Durchschlafstörungen oder frühem Erwachen. Trotz Müdigkeit fällt es schwer, erholsamen Schlaf zu finden.
- Gedanken an Suizid: In schweren Fällen können Gedanken an Selbstmord oder Selbstverletzung auftreten. Diese Gedanken sind ein ernstes Warnsignal und erfordern sofortige professionelle Hilfe.
Die Phase der Depression ist eine der gefährlichsten Stufen im Burn-out-Prozess. Tiefe Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit und Gedanken an Suizid erfordern sofortige professionelle Intervention. Psychotherapie, medikamentöse Behandlung und ein unterstützendes soziales Umfeld sind angezeigt, um die Symptome der Depression zu lindern und die Betroffenen auf dem Weg zur Genesung zu begleiten.
Auch wenn mein SCL-90-Test auf der Reha deutlich eine „schwere Depression“ angezeigt hat und viele der Symptome 105 % zutrafen – ich kann gar nicht sagen, wie dankbar ich bin, dass Suizidgedanken bei mir nie eine Rolle gespielt haben.
12 Völlige Erschöpfung
Die letzte Phase des Burn-outs nach Freudenberger ist die völlige Erschöpfung. Betroffene erreichen in dieser Phase einen Zustand extremer physischer, emotionaler und mentaler Erschöpfung. Dies kann zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen und erfordert sofortige professionelle Hilfe.
- Physische Erschöpfung: Der Körper ist völlig ausgebrannt. Betroffene leiden unter extremer Müdigkeit, die auch durch Schlaf nicht mehr behoben werden kann. Es kommt zu körperlichen Zusammenbrüchen und ernsthaften gesundheitlichen Problemen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Magen-Darm-Störungen.
- Psychische Erschöpfung: Die mentale und emotionale Erschöpfung erreicht ihren Höhepunkt. Betroffene sind nicht mehr in der Lage, klar zu denken oder emotionale Reaktionen zu zeigen. Es kommt zu einem vollständigen Zusammenbruch der mentalen Gesundheit.
- Gefühl der Hoffnungslosigkeit: Ein tiefes Gefühl der Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung dominiert das Leben der Betroffenen. Es besteht das Gefühl, dass keine Erholung oder Verbesserung möglich ist.
- Verlust der Lebensfreude: Jegliche Lebensfreude und Motivation sind verloren. Aktivitäten, die früher Freude bereitet haben, erscheinen unerreichbar und sinnlos.
- Suizidgedanken: In dieser extremen Phase können intensive Suizidgedanken auftreten. Betroffene sehen keinen Ausweg mehr aus ihrer Situation und benötigen dringend psychologische und medizinische Hilfe.
- Soziale Isolation: Die Isolation erreicht ihren Höhepunkt. Betroffene ziehen sich vollständig von Freunden, Familie und Kollegen zurück. Es entsteht das Gefühl, dass niemand ihre Situation versteht oder helfen kann.
Die Phase der völligen Erschöpfung ist der Höhepunkt des Burn-out-Prozesses und erfordert sofortige und intensive professionelle Hilfe. Betroffene in dieser Phase benötigen umfassende Unterstützung durch Psychotherapie, medizinische Behandlung und soziale Hilfe.
Ich habe es im Verlauf meines Burn-outs bis zur zwölften Phase „geschafft“. Ich habe Monate damit zugebracht, wenigstens irgendetwas zu essen und aufs Klo zu gehen. Und mich zwischendurch zu Bett oder Sofa zu schleppen. Mehr war nicht mehr drin. Und das war gefühlt schon anstrengender, als ein 14-Stunden-Tag im Büro.
Im Rückblick habe ich den Eindruck, dass ich in dieser Phase fast nur noch Hülle war. Und innen drin die Leere überhandgenommen hatte. Von mir war nicht mehr viel übrig.
Aber selbst in dieser Phase ist der Beginn eines Heilungswegs möglich. Er ist steinig, langwierig, geht ordentlich bergauf und ich kann auch ein Jahr nach dem totalen Zusammenbruch sein Ende noch nicht sehen. Aber es gibt ihn und ich bin sehr dankbar, dass ich ihn gehen darf.
Und wenn ich das kann, kannst du das schon lange!
Andere Burn-out-Modelle
Das Modell der Burn-out-Phasen von Freudenberger ist nicht die einzige Möglichkeit, Burn-out zu beschreiben. Der Psychologe Matthias Burisch hat etwa ein Modell entwickelt, das das Burn-out-Syndrom in sieben Phasen unterteilt, für die er jeweils typische Symptome beschreibt. Ähnlich wie bei Freudenberger sind auch hier die Übergänge fließend. Beginnend mit leichten Warnsymptomen, kann die Erkrankung bis hin zur Verzweiflung führen.
Wie nutze ich das Burn-out-Modell sinnvoll?
Egal, welches Modell wir heranziehen, liegt der Nutzen darin, dass wir einen Eindruck von möglichen Symptomen erhalten. Diese Einteilungen helfen uns, die Anzeichen von Burn-out frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu handeln. Und ich wünsche dir von Herzen, dass du die Anzeichen früher erkennst als ich und früher handelst.
Denn letztendlich ist es ja gar nicht entscheidend, in welcher Phase wir uns befinden. Spätestens wenn wir beginnen zu leiden, sollten wir besonders auf uns achten und Hilfe in Anspruch nehmen.
Es ist sogar möglich, Burn-out vorzubeugen, selbst wenn noch keine Symptome erkennbar sind. Hätte ich früher wahrscheinlich einfach abgetan. Heute finde ich das eine der weltbesten Ideen.
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Bilder: privat, Dall-E, Canva.
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Lieber Heiko,
danke, danke, danke für diesen informativen Artikel. Ich habe beim Lesen oft „aha“ gedacht und gemerkt, ich stecke da ja voll mitten drin. Wenn mein Hausarzt aus seinem Urlaub zurück ist, werde ich mir einen Termin geben lassen. Ich bin noch nicht bei Stufe 12, aber ich leide definitiv.
Und das werde ich ändern!
Liebe Grüße und ein schönes Wochenende,
Kristine
Hey Kristine,
sehr gute Entscheidung! Wie schön, dass mein Artikel dir zu einer Einschätzung helfen konnte – und vor allem zum nächsten Schritt, Hilfe zu organisieren und etwas zum Besseren zu verändern.
Auf dem Weg wünsche ich dir viel Mut und Segen!
Heiko