Psalm eines Ausgebrannten

Veröffentlicht am Kategorisiert in Burning on, Christliche Meditation
Psalm eines Ausgebrannten – Heiko Metz

Wir alle stehen täglich vor einer Vielzahl von Anforderungen. Berufliche Herausforderungen, Ehe, Familie, Krisenlagen und das allgegenwärtige Internet strömen ununterbrochen auf uns ein. Als ob das nicht genug wäre, kommen oft noch Spannungen, Überforderungen oder gar Mobbing dazu. Kein Wunder also, dass immer mehr Menschen an einem Burn-out leiden, sich ausgebrannt und erschöpft fühlen oder gar einen völligen Zusammenbruch erleiden. Sie erreichen den Nullpunkt.

Ausbrennen

Genauso ging es mir in meinem Burn-out (2023/2024). Absoluter Nullpunkt. Nichts mehr schaffen können. Alles zu viel. Dumpfe Gefühle. Kein Bewusstsein für Gefühle, Grenzen, Bedürfnisse. Keine echte Verbindung mehr zu mir selbst. Alles in Watte. Überfordert. Hilflos. Überwältigt. Nahe an hoffnungslos.

Doch dieser Nullpunkt, so finster er auch erscheinen mag, birgt eine einzigartige Chance in sich. Wenn die eigene Kraft schwindet, beginnen wir oft, nach Hilfe zu suchen, nach Ursachen zu forschen und bereit(er) für Veränderung zu werden. In dieser Suche liegt ein wesentlicher Schritt zur Veränderung und Besserung.

Für Christ:innen ist klar: Egal wie aussichtslos meine Situation scheinen mag, Gott ist da. Er kann und will durchtragen und Veränderung begleiten. Nur ist das mitten in der Krise manchmal nicht so einfach zu fassen. Zumindest mir ging es so. Alle bisherige Glaubenspraxis, das Theologiestudium und meine Rolle als Hauptamtlicher in christlichen Organisationen hat mich nicht davor bewahrt, dass mir im Burn-out auch die Verbindung zu Gott weggerissen ist.

In den Psalmen wässern

Die Psalmen, eine Sammlung geistlicher Lieder in der Bibel, sind herrlich ehrlich: Dass Menschen in der Not die Verbindung zu Gott abhanden kommt, damit bin ich nicht alleine. Manchmal ist Not so drückend, Hilflosigkeit und Ohnmacht so stark, dass alles andere aus dem Sichtfeld gerät.

Diesen Umstand beschreiben die Psalmen ziemlich drastisch. Sie zeigen echte Erfahrungen von Menschen, die am Leben zu zerbrechen drohen. Und die sich fragen: Gott, wo bist du in all dem? Ich will dich eigentlich wieder im Blickfeld haben. Will mit dir zusammen zu mir zurückfinden. Und zu einer Lösung meiner Krise.

Und so starten viele dieser geistlichen Lieder mit Klage, Trauer und Angst. Aber fast immer schafft der Beter es, seinen Blick langsam weg von der Not und hin zu Gott zu richten. Die Hoffnung nicht ganz aufzugeben, sondern sich mit der Resthoffnung an Gott festzuankern. Und dadurch Sicherheit zu gewinnen, dass Gott auch mitten im Dreck, Mist und aller Not da ist. Dass ich nicht alleine bin. Dass er mit mir leidet. Dass ihn die Situation nicht kaltlässt. Und dass ich Hoffnung haben und wachsen lassen darf.

So kann während eines Psalmgebets aus dem Nullpunkt ein Ausgangspunkt werden. Mit einer Einladung, die Welt neu, hoffnungsvoll zu entdecken. Mit einer Einladung dazu, die Hand zu ergreifen, die uns entgegengestreckt wird.

Hilfeschrei aus tiefster Not

Als ich wirklich ausgebrannt und am Nullpunkt war, haben mir die Psalmen sehr geholfen. Weil sie die Erfahrung anderer Menschen in Worte gefasst haben – und ich mir diese Worte leihen konnte, um zu beschreiben, was in mir gerade los ist.

Daraus ist eine Psalmcollage entstanden. Eine Zusammenstellung von Sätzen verschiedener Psalmen, die mein Erleben gespiegelt haben. Und dieser zusammengestellte Text ist beides:

  1. Eine Klage darüber, wie es mir geht, worunter ich leide. Eine Feststellung: So geht es mir gerade. Ziemlich mies.
  2. Eine Hilfe dazu, Hoffnung keimen zu lassen. Dem wieder Raum zu geben in mir, was ich glaube: Dass Gott da ist. Dass meine Leistung nicht meinen Wert bestimmt. Dass es anders, dass es besser werden kann.

Vielleicht kann meine Psalmcollage das eine, das andere oder gar beides auch für dich sein? Das würde mich sehr freuen!

Natürlich ist das „mein Psalm“, weil mein Erleben widerspiegelt. Vielleicht sieht das bei dir ganz anders aus. Hier findest du eine Anleitung zu deiner eigenen Psalmcollage.

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Heikos Psalm eines Ausgebrannten

Ich fühle mich, als wäre ich hingeschüttet wie Wasser. Mein Herz ist wie flüssiges Wachs, das tief in meinem Innern zerschmilzt. Ich bin ohne Kraft, ausgetrocknet wie eine Tonscherbe.
Ich habe keine Kraft mehr. Ich komme mir vor wie ein ausgedientes Gefäß, das man zum Abfall wirft.
Ich bin erschöpft vom vielen Seufzen, die ganze Nacht hindurch fließen meine Tränen, mein Bett ist davon schon durchnässt.

Meine Feinde starren mich nur erbarmungslos an. Wie sich ein Löwe in seine Beute verbeißt, so halten sie mich fest. Gewalttäter haben mich umringt wie eine Herde Stiere. Sie reißen ihr Maul gegen mich auf wie hungrige und brüllende Löwen.
Wenn ich durch ein finsteres Tal gehen muss, wo Todesschatten mich umgeben, hatte ich in meiner Verzweiflung gesagt: „Ich bin alleingelassen. Die Not ist so bedrohlich nah, und da ist niemand, der mir hilft. Ich schreie, aber keine Rettung ist in Sicht. Ich rufe, aber jede Hilfe ist weit entfernt! Mein Gott! Ich rufe am Tag, doch du antwortest nicht, ich rufe in der Nacht und komme nicht zur Ruhe.“
Wie lange noch muss ich unter tiefer Traurigkeit leiden und den ganzen Tag Kummer in meinem Herzen tragen?

Rette mich, Gott, denn das Wasser steh mir bis zum Hals! Ich versinke in tiefem Schlamm und finde keinen Halt. Das Wasser reißt mich in die Tiefe, die Flut überschwemmt mich. Erschöpft bin ich.
Aus der Tiefe schreie ich zu dir, HERR! HERR, höre meine Stimme, schenk meinem lauten Flehen ein offenes Ohr. Noch bin ich in großer Bedrängnis, sind meine Augen trüb vor Traurigkeit, erschöpft bin ich an Leib und Seele. Voller Kummer schwindet mein Leben dahin.
Eigene Schuld hat mir die Kraft genommen. Zu dir rufe ich, HERR, mein Fels. Wende dich nicht von mir ab! Wenn du mich schweigend abweist, werde ich denen gleichen, die sterben und unter die Erde kommen! Höre mein lautes Rufen, wenn ich dich um Hilfe bitte. Bleib nicht fern von mir! Du bist doch meine Kraft. Schnell, komm mir zu Hilfe!

Erbarme dich über mich, HERR, denn ich bin kraftlos, wie ein welkes Blatt. Heile mich, denn ich habe allen Mut verloren. Befreie mich aus der Falle, die andere, unsere Situation und ich selbst mir hinterhältig gestellt habe.
Gott, antworte mir doch in deiner großen Gnade. Zieh mich heraus aus dem Schlamm, damit ich nicht versinke! Lass mich dem tiefen Wasser entkommen. Sorge dafür, dass die Flut mich nicht überschwemmt und die tiefen Strudel mich nicht verschlingen. Möge der Brunnen mich nicht für immer in seinem Schlund begraben. Antworte mir, HERR; denn deine Gnade ist wohltuend.
Ich hoffe. Ich warte auf dein rettendes Wort. Sei stark, meine Seele, und fasse neuen Mut, die du auf das Eingreifen des HERRN wartest! Denn der Herr gibt acht auf Menschen, die seine Hilfe brauchen.

Gib mir neuen Mut und lass meine Augen wieder leuchten. Schenk meiner Seele deine Nähe und erlöse mich. Sei mir ein Fels, bei dem ich Schutz finde, eine Festung auf hohem Berge!
Ich aber, HERR, vertraue auf dich! Ich sage es und halte daran fest: „Du bist mein Gott!“ Alle Zeiten meines Lebens sind in deiner Hand.
In deine Hände gebe ich meinen Geist. Du kennst mein Elend. Du, HERR, bist bei mir!
Der HERR hat mein Weinen gehört! Mein Flehen hat der Herr vernommen, ja, der HERR nimmt mein Gebet an. Alle meine Zeiten sind in deiner Hand!

Hier sind verschiedenste Psalmen in Ausschnitten aufgenommen. U. a. Psalm 2, 22, 23, 31, 69, 139.

Wie geht es dir mit „meinem Psalm“? Welche Wege hast du, um neu Verbindung mit dir, deinen Gefühlen, Bedürfnissen und Gott aufzunehmen, wenn du am Leben zu zerbrechen drohst? Schreibe gern in die Kommentare.

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Bild: Dall-E

3 Kommentare

  1. Lieber Heiko,
    Wow, ich bin berührt, nachdenklich und und betroffen. So ehrlich dir selbst gegenüber beschreibst du deinen Zustand und deine Gefühle in dem Psalm. Und bist dennoch im Glauben zu Gott tief und fest verwurzelt. Obwohl es dir so schlecht ging, hast du die Hoffnung nicht aufgegeben und bist wieder in deine Kraft gekommen, das bewundere ich.
    Danke für deine Offenheit, herzliche Grüße, Birgit

  2. Lieber Heiko,

    dein Artikel hat mich tief berührt. Danke für Deine Ehrlichkeit und vorallem Dein Sichtbar sein für dieses Thema auch im Zusammenhang mit dem christlichen Glauben und wie dieser ein Anker für Dich war bzw. ist.

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