Pilgern auf dem Hirtenweg über den Egenhäuser Kapf

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Hirtenweg Egenhausen

Für Pilger und Naturbegeisterte bietet der rund 6 km lange Rundpilgerweg eine malerische Route durch das Naturschutzgebiet Egenhäuser Kapf und Bömbachtal. Die Tour unter der thematischen Überschrift „Unterwegs mit dem Guten Hirten“ beinhaltet Besuche einer liebevoll renovierten Kapelle und der Egenhäuser Johanneskirche als Start- und Zielpunkt.
Bis auf einen etwas anspruchsvolleren Abstieg ins Bömbachtal gestaltet sich die Strecke als leicht begehbar und ist mit gutem Schuhwerk zu jeder Jahreszeit ein Genuss.
Der Hirtenweg bietet eine ideale Gelegenheit, die Seele in der Natur baumeln zu lassen, über Psalm 23 nachzusinnen und gleichzeitig auf historischen Pfaden zu wandeln.

Daten und Fakten

Der Hirtenweg über den Egenhäuser Kapf ist ca. 6 km lang und verläuft größtenteils über befestigte Wege. Der Abstieg ins Brombachtal geht über einen Trampelpfad mitten durch den Wald und ist teilweise steil und nach Regen auch ein wenig rutschig. Insgesamt geht es 160 Meter bergauf und 140 m bergab. Die Schwierigkeit ist mittel. Der Weg ist sehr gut ausgeschildert. Auf Outdooractive kann man den gesamten Weg einsehen.

Gemeinsam mit dem Brenzweg (15 km) und dem Waldenser Weg (11 km) ist der Hirtenweg Teil des Angebots „wandernPLUS – Pilgern im Nordschwarzwald“ des Ev. Bildungswerks nördlicher Schwarzwald.

Der Hirtenweg führt über den Egenhäuser Kapf, einer besonderen Kulturlandschaft, die vor allem durch die Bewirtschaftung mit Schafen geschaffen wurde. Passenderweise bekommen Pilger:innen über 9 Stationen Impulse zum Psalm 23.

Als Gehzeit werden zwei Stunden angegeben, mit Impulsen und Kirchenbesuch drei Stunden. Ich habe Karfreitag 2024 durch Pausen und längere Zeiten mit Gebet knapp 5 Stunden gebraucht – das Wetter war seit Langem mal wieder sonnig und frühlingshaft warm. Ich habe es sehr genossen.

Start und Ziel des Hirtenwegs ist die Ev. Johanneskirche, Kirchgasse 1, 72227 Egenhausen. Hier und in der Laurentiuskapelle auf dem Weg kann man einen Pilgerstempel bekommen.

Unterwegs auf dem Hirtenweg

Hier findest du ein paar meiner Gedanken und Eindrücke während des kurzen Pilgerns.

1 Johanneskirche Egenhausen

An der Johanneskirche empfängt mich eine Infotafel zum Hirtenweg – samt Faltplan mit Wegbeschreibung, sowie geistlichen und historischen Impulsen zum Mitnehmen. Hier kannst du den Plan auch herunterladen.

Psalm 23 wird mich auf dem Hirtenweg begleiten. Zu Beginn lese ich ihn einmal ganz. Im Faltplan ist der Psalm in der Lutherübersetzung abgedruckt. Altbekannte Worte, die viele Erinnerungen in mir auslösen. Schön. Dann möchte ich die Worte aber noch mal ganz neu wahrnehmen und auf dem Weg ihrer Bedeutung nachspüren. Deswegen lese ich ihn in der Basisbibel erneut:

Der Herr ist mein Hirte.
Mir fehlt es an nichts.
Auf saftig grünen Weiden lässt er mich lagern.
Er leitet mich zu Ruheplätzen am Wasser,
dort erfrischt er meine Seele.
Er führt mich gerecht durchs Leben.
Dafür steht er mit seinem Namen ein.
Und muss ich durch ein finsteres Tal,
fürchte ich kein Unglück.
Denn du bist an meiner Seite!
Dein Stock und dein Stab
schützen und trösten mich.
Du deckst für mich einen Tisch
vor den Augen meiner Feinde.
Du salbst mein Haar mit duftendem Öl
und füllst mir den Becher bis zum Rand.
Nichts als Liebe und Güte begleiten mich
alle Tage meines Lebens.
Mein Platz ist im Haus des Herrn.
Dort möchte ich mein Leben lang sein.

Die Bibel: Psalm 23

Von der Johanneskirche führt mich der Weg ein Stück durch Egenhausen und dann geht es bergauf Richtung Kapf. Erst auf geteertem Weg, dann über Streuobstwiesen und ein Stück durch den Wald bis zur Kuppe.

Heute – es ist Karfreitag 2024, als ich den Hirtenweg im Anschluss an den Karfreitagsgottesdienst in der Johanneskirche laufe – ist ein sonniger, warmer Tag. Der erste seit Langem.

Ich genieße die Sonne, das Lichtspiel zwischen den Bäumen und staune darüber, wie grün und saftig die Wiesen tatsächlich schon sind.

2 Bunker der Luftverteidigungszone West

Der Weg geht rechts ab und führt mich zu den Überresten eines alten Bunkers, im Zweiten Weltkrieg Teil einer langen Reihe von Flugabwehrstellungen. Hier muss damals ein großes Geschütz gestanden haben.

Ich spüre, wie sich mir die Nackenhaare aufstellen, während ich an die vielen völlig sinnlosen Opfer dieses Krieges denke. Wie viele wohl rund um meinem Standort damals ihr Leben lassen mussten?

Meine Gedanken schweifen weiter zu den vielen Kriegen, die aktuell auf unserer Welt toben. Und zu den Menschen, die darunter leiden, deren Leben nie wieder so wird wie vorher.

Wir brauchen alle diesen guten Hirten, denke ich. Der sich um uns kümmert, unsere Angst vertreibt und unsere Enge auflöst. Der uns Frieden schenkt. Und ich brauche ihn besonders.

3 Kapf

Nun geht es auf demselben Weg ein Stück zurück bis zu einer Kreuzung und dem Hinweisschild auf das Freizeitheim Kapf, an dem ich eben schon vorbeigekommen bin.

Der Impuls zu dieser Station lautet:

Der Herr ist mein Hirte.
Das sind fünf Wörter, wie die fünf Finger einer Hand.
Umfassen wir mit der linken Hand die einzelnen Finger unserer rechten Hand, vom Daumen beginnend, so gehört das vierte Wort „mein“ zum Ringfinger.
Gott und ich, wir gehören zusammen: Er ist MEIN Hirte.

Wie schön das ist. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

Obwohl … vielleicht doch 😉 Was für eine hilfreiche Gedächtnisstütze und hilfreiche Geste das ist. Ich befinde mich gerade auf einer Reha und heile ganz langsam von einem Burnout. Mein Nervensystem ist auch nach Monaten immer noch überreizt und oft nervös. Handschmeichler o. ä. haben mir da in der letzten Zeit immer wieder geholfen, mich besser zu fokussieren. Ob ich demnächst öfter mal meinen Ringfinger umfassen und mich daran erinnern kann: Der Herr ist MEIN Hirte. Ganz egal, wies mir gerade geht. Er ist da.

4 Steinriegel

Die sogenannten Steinriegel sieht man rund um den Egenhäuser Kapf an vielen Stellen. Hier waren Bauern und Hirten über viele Generationen hinweg bemüht, aus den steinreichen Böden fruchtbare zu machen. Alle aufgesammelten Steine wurden an den Feld- und Weiderändern gesammelt. Über die Zeit entstand so ein eigener Lebensraum.

Gerade in den letzten Jahren war mein Leben (und das unserer Familie) auch reich an Steinen. Manche Probleme konnten wir lösen, einige Herausforderungen meistern … und haben so schon einen Haufen Steine an die Seite gelegt.

Zwei Dinge finde ich an dieser Betrachtungsweise spannend:

  1. Auch wenn immer wieder neue Steine auf dem Lebensacker auftauchen, jeder Stein, der an den Rand gelegt wird, macht den Acker einfacher zu nutzen und auch fruchtbarer. Wo sehe ich das trotz aller verbleibender Steine in meinem Leben?
  2. Obwohl die Steine im Acker gestört haben, hat sich entlang dieser Steinriegel ein eigener Lebensraum entwickelt. Was kann aus meinen Lebenssteinen werden? Was kann ich lernen? Kann daraus vielleicht sogar etwas wachsen?

5 Täschacker / 6 Sindelstätt und Brunnen

Der Weg führt erst einmal weiter bergab und ich genieße die Aussicht.

Am Brunnen, der die ehemalige Siedlungsstätte Egenhausens markiert, mache ich ein Pause. Die Sonne scheint, es gibt eine Bank im Baumschatten. Durch die Wiese, auf der schon erste Frühlingsblumen wachsen, gluckert ein Mini-Bächlein …

„Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser.“ (Die Bibel: Psalm 23,2) – live erlebt 😉

7 Bömbachsteig

Nach kurzer Zeit biegt der Weg ab in den Wald und wird zum Trampelpfad. Es geht teilweise steil bergab, vor allem ist es durch den Regen der letzten Tage ordentlich maddelig-rutschig. Schön ists trotzdem.

Irgendwann kann man im Tal den Bömbach hören. Und dann auch sehen. Ich liebe die moosbewachsenen Ufer und Steine ja sehr. Da kann meine Seele schön vor sich hinbaumeln und die Schöpfung genießen. Wie schön, dass der Weg am Bömbach entlang links weiter geht.

8 Die Ölmühle

Mittlerweile wieder aus dem Wald heraus führt der Hirtenweg noch ein Stück am Bömbach entlang (malerisch, mit der alten Brücke, oder?) und bringt mich dann zur Ölmühle.

Hier ist eine Pilgersäule mit Informationen und einem Kühlschrank mit kostenlosen Erfrischengetränken beheimatet. Dahinter, auf dem Grundstück der Ölmühle liegt die Laurentiuskappelle. Erbaut über einem Fischteich, mit einem Kruzifix, das aus dem Müll gefischt wurde, Bodenfliesen aus Jerusalem und einem kleinen Altar, der ursprünglich aus dem Kölner Dom stammt.

Rundherum grasen Karakulschafe (, die sich gerne streichen lassen). Quasi der perfekte Ort, um die bisherigen Erfahrungen auf dem Hirtenweg mit dem guten Hirten himself zu besprechen und zu reflektieren.

9 Johanneskirche Egenhausen

Jetzt ist Johanneskirche nicht mehr weit und der Hirtenweg findet sein Ende.
Aus dem Impulsheft zum Abschluss:

Endlich angekommen, endlich am Ziel! So endet auch Psalm 23: Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar. (Psalm 23, 4.6).
Der Psalmbeter weiß: Ich komme an! Unter der Regie des guten Hirten hat mein Leben ein Ziel, und zwar ein gutes!
Am Ende wird es heißen: endlich zu Hause!

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Liedempfehlung zum Ende des Hirtenwegs

Fazit

Der Hirtenweg ist aufgrund seiner Kürze eher ein Pilgerweglein, als ein ausgewachsener Pilgerweg. Gerade deshalb ist er super geeignet für Pilgereinsteiger:innen, einen Spaziergang mit Gott oder Pilgern für Leute ohne Zeit zum Pilgern 😉

Der Weg ist gut ausgeschildert, meistenteils leicht zu gehen und der Faltplan beschreibt die Wegführung nachvollziehbar. Er ist bebildert und steuert spannende historische Fakten bei. Die Impulse rund um Psalm 23 sind kurz und knackig, regen zum Nachdenken, Reflektieren und Beten an und sind für Profichristen wie spirituelle Sinnsucher geeignet.

Ich habe den Nachmittag bei einem guten Kaffee ausklingen lassen. Der perfekte Abschluss. Kaffe gut, alles gut. 😉

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